«Foreign Direct Investments», besonders solche von staatsnahen Akteuren, haben in den letzten Jahren im internationalen Fussball stark zugenommen. Wie gehen die Schweiz und Europa damit um? Ein kurzer Überblick über die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen und Entwicklungen.
Situation in der Schweiz
Anfang 2024 meldete die Fussballsektion des Grasshopper-Club Zürich (GC) einen Eigentümerwechsel: Nach längeren Verkaufsverhandlungen ging der Klub von chinesischer in amerikanische Hand über. Auch andere Schweizer Profi-Fussballvereine sind mehrheitlich oder vollumfänglich in ausländischem Besitz (so etwa der FC Lausanne-Sport oder der FC Lugano). Dies ist in der Schweiz verbandsreglementarisch ohne weiteres zulässig. Wirtschaftlich gesehen macht die liberale Handhabung Sinn. Der kleine Schweizer Fussballmarkt mit im internationalen Vergleich geringen Erlösen aus Fernsehrechten lässt Gewinnerzielung vereinfacht gesagt nur mit Sondereffekten (insbesondere die erfolgreiche Teilnahme an internationalen Wettbewerben sowie Transferüberschüsse) zu. Ansonsten drohen strukturelle Defizite, die von den Klubeignern übernommen werden müssen. Die Öffnung des Schweizer Fussballmarktes für ausländische Investoren erhöht damit letztlich dessen langfristige Überlehensfähigkeit (was es für die Identifikationspotenzial Schweizer Fussballvereine bedeutet, steht auf einem anderen Blatt). Interessant ist immerhin, dass es in der Schweizer Politik unter der Kurzformel der «Lex China» allgemeine Tendenzen gibt, die Einflussnahme «asymmetrischer» ausländischer Investoren – also solcher, die eine den Spielregeln des freien Marktes widersprechende etatistische Agenda verfolgen bzw. staatlich subventioniert sind – zu unterbinden oder zumindest zu kontrollieren. Unter diesem Gesichtspunkt wäre also etwa die chinesische Ägide bei GC kritisch zu beurteilen gewesen. Allerdings ist die angedachte Beschränkung ausländischer Investitionstätigkeit auf die zentrale Infrastruktur beschränkt – zu welcher der Sport und der Fussball in der Schweiz auf absehbare Zeit nicht gehören dürfte.
Situation in Europa
Anders ist die geltende Rechtslage in Deutschland, wo schon seit geraumer Zeit die sogenannte «50+1»-Regelung gilt. Diese schreibt vor, dass die Betriebsgesellschaften deutscher Profifussballklubs in der Kontrollmehrheit ihrer «Mutter-Vereine» verbleiben müssen. Damit wird ausgeschlossen, dass ausländische Konglomerate die Stimmenmehrheit erlangen, was diese faktisch vom deutschen Fussballmarkt fernhält. Mit dieser Regelung steht Deutschland freilich im Vergleich mit den übrigen vier grossen europäischen Fussballländern bzw. -ligen alleine da. Sowohl in Spanien, Italien, Frankreich als auch in Grossbritannien sind eine Vielzahl an Profifussballvereinen in ausländischem Besitz. Besonders bekannte Beispiele sind Paris St.-Germain, welches dem katarischen Staatsfonds gehört, sowie Manchester City, das von einer Investorengruppe kontrolliert wird, welche der Herrscherfamilie der Vereinigten Arabischen Emirate nahesteht. Die fast unbegrenzten ökonomischen Möglichkeiten solcher Investoren haben das Wertschöpfungspotenzial des europäischen Fussballs vervielfacht. Selbst wenn es auf Ebene der Europäischen Union – wie in der Schweiz – konkrete Gedankenspiele gibt, generell ausländische Investitionen staatskapitalistischer Akteure zu erschweren und der Fussball eine ganz andere wirtschaftliche Bedeutung hat, dürfte letzterer auch hier nicht im Zentrum der Schutzbemühungen liegen.
Umgang mit der Bedeutung des Fussballs als Soft Power
Zumal der kurzfristige Trend ein anderer war: Das Selbstverständnis Europas als Zentrum des Weltfussballs wurde im Sommer letzten Jahres durch die beispiellose Transferoffensive saudi-arabischer Fussballklubs erschüttert. Hatten bis dahin staatsnahe ausländische Investoren ihr Geld nach Europa gebracht, drehte Saudi-Arabien den Spiess nun um und lockte Spieler europäischer Topvereine mit astronomischen – als wettbewerbsverzerrend beklagten – Lohnsummen in die heimische Liga. Damit drang unter dem Schlagwort des «Sportswashing» ins Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit, dass auch der Fussball nichts weniger als die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ist. Natürlich waren bereits die strategischen Investitionen in den europäischen Fussball stark interessensgetrieben und es erscheint die Haltung Europas, Wettbewerbsverzerrungen nur dann anzuprangern, wenn sie an der eigenen Wertschöpfung vorbeizielen, etwas inkonsequent. Es wird jedenfalls interessant sein zu beobachten, ob die Entwicklung zum «Offshoring» des Fussballs anhält und welche Antworten Europa darauf gegebenenfalls finden wird – politisch und rechtlich.