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real estate blog: Gebotene Vorsicht in Zusammenhang mit Näher- und Grenzbaurechten

Mosimann Daniel, in: bratschi real estate blog, Juni 2024

Die in den Bau- und Zonenordnungen statuierten Grenzabstände verunmöglichen aus Sicht der bauwilligen Grundeigentümer im Einzelfall eine bestmögliche Ausnützung einer Parzelle. Die Grenzabstände dürfen jedoch, in der Regel mit Ausnahme gegenüber Nichtbauzonen, vertraglich reduziert oder aufgehoben werden. Entsprechend besteht die Möglichkeit, dass mit dem Eigentümer eines Nachbargrundstücks eine Aufhebung oder Reduzierung der Grenzabstände durch Einräumung eines gegenseitigen oder einseitigen Näher- oder Grenzbaurecht vereinbart wird. 

Das Näherbaurecht berechtigt, eine Baute näher an die Grundstücksgrenze zu bauen, als es eigentlich in der jeweiligen Bau- und Zonenordnung vorgeschrieben ist. Dieses Recht kann einseitig oder gegenseitig eingeräumt werden. Das Grenzbaurecht ermöglicht eine völlige Aufhebung des Grenzabstands und somit kann eine Baute direkt an die Grundstücksgrenze gebaut werden. Ebenfalls kann dieses Recht einseitig oder gegenseitig erteilt werden. Anzumerken ist, dass das Grenzbaurecht nur, aber immerhin, zum Bau an die Grenze berechtigt, nicht jedoch zu einem Näherbau. Vertraglich können die beiden Rechte jedoch auch kombiniert werden, was eine grössere Flexibilität in der Ausübung zur Folge hat.

 

Soweit Näher- oder Grenzbaurechte vereinbart werden sollen, müssen sich die Parteien, insbesondere diejenigen Eigentümer, welche zu diesem Zeitpunkt vielleicht noch gar keine Pläne für ein Bauprojekt haben, im Klaren sein, dass eine solche Vereinbarung gegebenenfalls negative Auswirkungen auf ein eigenes, künftiges Bauprojekt zeitigen kann. 

 

Der Grund hierfür ist, dass vielerorts zwingende öffentliche-rechtliche Vorschriften zum Gebäudeabstand bestehen, meist aus feuerpolizeilichen Gründen, welche mittels des Näher- oder Grenzbaurechtes nicht ausgehebelt werden können. Dies kann zur Folge haben, dass einem, erst später gestützt auf ein gegenseitiges Näherbaurecht bauenden Eigentümer, die Baubewilligung aufgrund der Verletzung des Gebäudeabstands verwehrt wird. Mit anderen Worten kann der später bauende Eigentümer gegebenenfalls das Näherbaurecht nicht wie vereinbart beanspruchen und muss einen grösseren Abstand einhalten.

 

Auch bei einem einseitigen Grenzbaurecht kann die Einhaltung eines zwingenden Gebäudeabstandes gegebenenfalls dazu führen, dass ein Bauprojekt der später bauenden Partei nicht wie geplant realisiert werden kann. Beispielsweise ist es bei einem Zusammenbau zweier Gebäude gestützt auf ein gegenseitiges Grenzbaurecht so, dass der Bau durch den Zusammenbau der auf beiden Grundstücken liegenden Gebäudeteile baurechtlich betrachtet zu einem Gebäude wird. Dies hat zur Folge, dass dieses zusammengebaute Gebäude eine in den Bau- und Zonenordnungen statuierte maximale Gebäudelänge nicht überschreiten darf. 

 

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass in gewissen Kantonen nebst Näher- und Grenzbaurechten auch die Möglichkeit besteht, dass der Grenzabstand als solches vertraglich ungleich zwischen den benachbarten Grundstücken verteilt wird, was als öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung im Grundbuch angemerkt wird. 

Auteurs

Mosimann Daniel
Daniel Mosimann
Avocat, Notaire
Zoug
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