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tax blog: Basler Standortpaket: Steuerrechtliche Weichenstellung für Innovation, Gesellschaft und Umwelt

Fischer Melanie und Jenoure Cédric-Olivier, in: bratschi tax blog, September 2025

Mit dem Standortpaket hat Basel-Stadt ein neues Instrument geschaffen, um den Wirtschaftsstandort langfristig zu sichern und gleichzeitig gesellschaftliche und ökologische Anliegen zu fördern. Hintergrund ist der zunehmende internationale Steuerwettbewerb sowie die Einführung der OECD-Mindestbesteuerung von 15 Prozent. Basel-Stadt, traditionell ein attraktiver Standort für global tätige Unternehmen, hat mit diesem Paket sowohl steuerrechtliche Anpassungen als auch Fördermassnahmen beschlossen.

Politischer Rahmen

Die Teilrevision wurde am 5. Februar 2025 vom Grossen Rat verabschiedet und am 18. Mai 2025 von der Stimmbevölkerung angenommen. Damit gehört Basel-Stadt zu den ersten Kantonen, die eine umfassende Antwort auf die OECD-Mindestbesteuerung vorgelegt haben.

 

Steuerrechtlicher Auslöser: OECD-Mindeststeuer

Die OECD-Mindestbesteuerung betrifft Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro. Diese müssen künftig unabhängig vom Sitzstaat eine effektive Gewinnsteuerbelastung von mindestens 15 Prozent sicherstellen. Für Basel-Stadt bedeutet dies eine Abkehr von der bisherigen Gewinnsteuerpraxis, die rund 13 Prozent betrug. Steuerlich führt dies dazu, dass der Kanton seine Rahmenbedingungen neu ausrichten muss, um international wettbewerbsfähig zu bleiben.

Besonders betroffen sind grosse, international vernetzte Gesellschaften, die bisher von tieferen Gewinnsteuersätzen profitieren konnten. Durch die OECD-Regelung wird die Differenz zu anderen Ländern, die ebenfalls 15 Prozent erheben, aufgehoben. Aus kantonaler Sicht entsteht dadurch ein finanzieller Spielraum, da die effektive Steuerbelastung steigt. Diesen zusätzlichen Ertrag will Basel-Stadt nicht ungenutzt lassen, sondern gezielt in die Standortförderung zurückführen.

 

Der Fonds-Mechanismus: 80 Prozent für Innovation, 20 Prozent für Gesellschaft und Umwelt

Das Kernstück des Standortpakets bildet die Zweckbindung der Mehreinnahmen. Zwei Fonds wurden eingerichtet, in die die zusätzlichen Mittel fliessen.

80 Prozent der Gelder sind für die Förderung von Innovation vorgesehen. Gefördert werden insbesondere Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie Projekte im Bereich Life Sciences. Ab 2026 sollen auch Forschungskooperationen zwischen Unternehmen und Hochschulen unterstützt werden.

20 Prozent sind für Massnahmen in den Bereichen Gesellschaft und Umwelt bestimmt. Dazu gehören Beiträge für Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden freiwillig zusätzliche Elternzeit gewähren, Projekte zur Reduktion von Treibhausgasemissionen oder Initiativen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

 

Die Debatte

Das Standortpaket war politisch umstritten und führte zu einer intensiven Diskussion.

Die Befürworterinnen und Befürworter, zu denen die Basler Regierung sowie Bürgerliche, GLP und SP zählen, sehen im Paket ein notwendiges Instrument, um den Standort im nationalen und internationalen Wettbewerb zu sichern. Sie betonen, dass die Massnahmen im Bereich Klimaschutz, Forschung und Elternzeit eine Win-win-Situation für Wirtschaft und Gesellschaft schaffen. Zudem handle es sich um ein klares Signal, dass der Kanton zu seinen Unternehmen steht. Vertreterinnen und Vertreter der FDP verweisen darauf, dass der Wohlstand des Kantons wesentlich auf den Steuerleistungen der Unternehmen beruhe und diese nicht durch Abwanderung gefährdet werden dürften.

Die Gegnerinnen und Gegner, insbesondere Grüne, Basta und Juso, kritisieren hingegen, dass es sich im Kern um eine Rückverteilung von Steuergeldern an internationale Konzerne handle. Während die Juso die Ja-Parole der SP als widersprüchlich bezeichnet, sieht Basta im Paket einen Selbstbedienungsladen für multinationale Unternehmen. Der Steuerwettbewerb werde nicht beendet, sondern bloss durch einen Subventionswettbewerb ersetzt. Zudem bestehe die Gefahr, dass die ursprüngliche Idee der globalen Mindeststeuer durch solche Massnahmen unterlaufen werde.

 

Steuerrechtliche Einordnung und praktische Auswirkungen

Aus steuerrechtlicher Sicht ist das Standortpaket ein Beispiel dafür, wie eng Steuerpolitik und Wirtschaftsförderung miteinander verbunden sind. Die OECD-Mindestbesteuerung zwingt die Kantone, ihre Steuermodelle anzupassen und Spielräume über alternative Instrumente zu nutzen. Basel-Stadt entscheidet sich, die Mehreinnahmen nicht zur allgemeinen Haushaltsfinanzierung zu verwenden, sondern zweckgebunden in Fonds zu leiten.

Für Unternehmen ist insbesondere relevant, dass die Fondsbeiträge als Fördermittel ausgestaltet sind und nicht als klassische Steuererleichterungen wie die Patentbox oder der Forschungs- und Entwicklungsabzug. Dies bedeutet, dass Unternehmen weiterhin die volle Steuerlast tragen, im Gegenzug aber Fördermittel beantragen können. 

Von diesen Mitteln können nicht nur grosse, international tätige Gesellschaften profitieren, die die höheren Steuern entrichten, sondern auch kleinere und mittlere Unternehmen, sofern sie förderfähige Projekte einreichen.

Juristisch stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang diese Beiträge als steuerbare Einkünfte gelten oder ob sie als Subventionen ausgenommen werden. Auch die Vereinbarkeit mit internationalen Beihilferegeln könnte eine Rolle spielen, sobald Projekte grenzüberschreitend angelegt sind.

Im Vergleich zu früheren Steuerinstrumenten, die eine unmittelbare Reduktion der Steuerbasis ermöglichten, wie etwa die Patentbox, verfolgt das Standortpaket einen indirekten Ansatz. Es setzt Anreize durch die Möglichkeit, Mittel für konkrete Projekte zu beantragen, anstatt die Steuerbelastung pauschal zu reduzieren. Für Unternehmen bedeutet dies einen höheren administrativen Aufwand, zugleich aber auch die Chance auf gezielte Unterstützung.

 

Fazit

Das Standortpaket Basel-Stadt ist nicht nur eine steuerpolitische Reaktion auf die OECD-Mindestbesteuerung, sondern auch ein wirtschaftspolitisches Steuerungsinstrument. Es verbindet höhere steuerliche Belastungen für grosse Unternehmen mit der Möglichkeit, durch zweckgebundene Fördermittel in Innovation, Gesellschaft und Umwelt zu investieren. Damit wird der Kanton Basel-Stadt sowohl steuerrechtlich als auch politisch zu einem Vorreiter im Umgang mit den neuen internationalen Regeln.

Für Unternehmen bleibt entscheidend, die steuerlichen und förderrechtlichen Rahmenbedingungen genau zu prüfen und ihre Steuerstrategie entsprechend auszurichten. Besonders forschungsintensive Branchen erhalten neue finanzielle Spielräume, müssen diese jedoch sorgfältig in Einklang mit den steuerrechtlichen Vorgaben nutzen.

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Autoren

Melanie Fischer 2
Melanie Fischer
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Basel
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Cédric-Olivier Jenoure
Rechtsanwalt, Partner, Dipl. Steuerexperte, Mitglied des Verwaltungsrats
Basel, Genf
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