In diesem Entscheid befasste sich das Bundesgericht mit der Frage, ob die Mieterin eines Nachtclubs aufgrund pandemiebedingter Schliessung in den Hochphasen der Covid-19-Pandemie von ihrer Vermieterin Mietzinsherabsetzung verlangen kann. Es kam zum Schluss, dass der Mieterin kein Herabsetzungsanspruch zusteht. Die pandemiebedingte Schliessung betreffe betriebsbezogene Eigenschaften, weshalb behördlich angeordnete Geschäftsschliessungen infolge der Covid-19-Pandemie grundsätzlich keinen Mangel an der Mietsache darstellen. Zudem enthalte der Mietvertrag keine Vereinbarung, wonach die Vermieterin das Verwendungsrisiko des Mietobjekts (ganz oder teilweise) übernommen hat. Die blosse Umschreibung des Verwendungszweckes im Mietvertrag genüge dafür nicht.
Dem Entscheid lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Mieterin mietete ab 15. September 2018 für eine feste Dauer von fünf Jahren (mit Option auf Verlängerung) ein Mietobjekt zur Nutzung als «Restaurant, Bar, Club». Die Mieterin betrieb darin einen Nachtclub. Vom 17. März 2020 bis 5. Juni 2020 und vom 29. Oktober 2020 bis 25. Juni 2021 musste der Nachtclub schliessen, da der Bundesrat im Rahmen der Covid-19-Pandemie die Schliessung von öffentlich zugänglichen Einrichtungen verfügt hatte.
Da die Mieterin das Mietobjekt in diesen Phasen nicht wie vorgesehen nutzen konnte, verlangte sie jeweils eine Herabsetzung des Mietzinses von der Vermieterin. Die Vermieterin lehnte dies ab. Anschliessend hinterlegte die Mieterin die Mietzinse und klagte auf Mietzinsherabsetzung. Die Mieterin unterlag sowohl erst- als auch zweitinstanzlich. Daraufhin gelangte die Mieterin ans Bundesgericht.
Das Bundesgericht erwog unter anderem Folgendes:
Der Begriff des Mangels an der Mietsache im Sinne von Art. 259a Abs. 1 lit. b und Art. 259d OR leite sich aus dem Zustand ab, welcher dem nach dem Mietzweck vorausgesetzten Gebrauch entspricht, und setze einen Vergleich zwischen dem tatsächlichen und dem vereinbarten Zustand des Mietobjekts voraus. Dabei liege ein Mangel vor, (i) wenn eine von der Vermieterin versprochene Eigenschaft fehlt oder (ii) wenn eine Eigenschaft fehlt, welche die Mieterin bei dem für den vertraglichen Gebrauch tauglichen Zustand voraussetzen darf. Der vereinbarte Gebrauch bestimme sich in erster Linie nach dem Wortlaut des Mietvertrags und seiner Anhänge. Neben materiellen/körperlichen Mängeln würden auch immaterielle/unkörperliche Mängel, worunter unter anderem Mängel rechtlicher Natur wie etwa eine fehlende behördliche Bewilligung fallen, in Betracht kommen (E. 4.2).
Laut der Mehrheit der Lehre sei zu unterscheiden, ob Einschränkungen objektbezogene oder betriebsbezogene Eigenschaften betreffen. Objektbezogene Eigenschafen würden auf der Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjekts beruhen. Betriebsbezogene Eigenschaften würden sich demgegenüber auf die von der Mieterin im Mietobjekt ausgeübte gewerbliche Tätigkeit beziehen. Es sei davon auszugehen, dass die vereinbarte Beschaffenheit eines Mietobjekts in der Regel nur Einschränkungen erfasse, die objektbezogene (und nicht auch betriebsbezogene) Eigenschaften betreffen. Deshalb würden – so die herrschende Lehre – behördlich angeordnete Geschäftsschliessungen infolge der Covid-19-Pandemie grundsätzlich keinen Mangel an der Mietsache darstellen (E. 4.3.2).
Trotz Hinweis auf eine in der Lehre vertretene Mindermeinung (E. 4.3.4) stützte das Bundesgericht die soeben umschriebene Ansicht der herrschenden Lehre. Die Vorinstanz habe zutreffend erkannt, dass die behördlich angeordneten Schliessungen im Rahmen der Covid-19-Pandemie die Geschäftstätigkeit der Mieterin betroffen haben, und nicht deren Ausübung im Mietobjekt. Dass im Nachtclub wegen behördlicher Anordnungen aufgrund der Covid-19-Pandemie keine Gäste mehr empfangen werden durften, habe nicht am Geschäftslokal bzw. dessen Zustand gelegen, sondern an der von der Mieterin ausgeübten Geschäftstätigkeit, die vorübergehend nicht erlaubt war. Der Betrieb eines Nachtclubs wäre auch in jedem anderen Mietobjekt untersagt gewesen. Die Vermieterin erfülle ihre vertragliche Gebrauchsüberlassungspflicht, indem sie der Mieterin ein für die Ausübung des betroffenen Geschäfts taugliches Geschäftslokal zur Verfügung stellt. Andernfalls würde das unternehmerische Risiko der Mieterin von dieser auf die Vermieterin verschoben (E. 4.3.5).
Allerdings könne sich ein Mangel daraus ergeben, dass die Vertragsparteien im Mietvertrag eine Vereinbarung getroffen haben, wonach der Geschäftszweck in dem Sinne zum Bestandteil des Mietvertrags gemacht wurde, dass die Vermieterin das Verwendungsrisiko des Mietobjekts (ganz oder teilweise) übernommen hat. Dafür bedürfe es einer ausdrücklichen oder konkludenten Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien. Ob eine solche Vereinbarung getroffen wurde, sei mittels Vertragsauslegung zu ermitteln (E. 4.4.1).
Allein aus der Umschreibung des Verwendungszwecks (vorliegend: Nutzung als Restaurant, Bar, Club) könne jedoch nicht auf eine Zusicherung geschlossen werden, wonach das Mietobjekt von der Mieterin während der ganzen Dauer des Mietverhältnisses für den beabsichtigten Zweck verwendet werden darf. Denn grundsätzlich solle mit der Umschreibung des Verwendungszwecks sichergestellt werden, dass die Mieterin das Mietobjekt ohne Zustimmung der Vermieterin nicht anderweitig verwendet. Eine Übertragung des unternehmerischen Risikos bzw. die Abgabe einer Nutzungsgarantie ist hingegen in der Regel nicht beabsichtigt (E. 4.4.2). In diesem Zusammenhang stellte das Bundesgericht zudem klar, dass die Vorinstanz nicht an die materiellen Erwägungen eines Schiedsspruchs in einem angeblich vergleichbaren Fall, auf welchen sich die Mieterin als Präjudiz bezogen hatte, gebunden sei (E. 4.4.3).
Der Entscheid deckt sich mit BGer 4A_158/2024 vom 5. November 2024 (vgl. ausführlich KOUMBARAKIS, Urteil des Bundesgerichts 4A_158/2024 vom 5. November 2024, MRA 4/24 S. 214 ff.). Auch darin hatte sich das Bundesgericht – zumindest am Rande – mit einer Mietzinsherabset-zungsforderung im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie zu befassen. Die Mieterin hatte eine Hotel-Liegenschaft gemietet und machte unter anderem eine Mietzinsreduktion bzw. einen Rückzahlungsanspruch für zu viel bezahlte Mietzinse geltend. Die Vorinstanz und das Bundesgericht wiesen diese Begehren der Mieterin ab. Allerdings befasste sich das Bundesgericht in diesem Entscheid vorwiegend mit der Möglichkeit der gerichtlichen Vertragsanpassung nach der clausula rebus sic stantibus (E. 8). Auf die Voraussetzungen der Mietzinsherabsetzung kam es nur kurz zu sprechen. Namentlich hielt das Bundesgericht fest, dass die Vorinstanz erwogen hatte, dass eine behördlich angeordnete Massnahme infolge der Pandemie nicht zu einer Herabsetzung berechtige, da die Auslegung des Mietvertrags ergebe, dass die Vermieterin der Mieterin weder die dauerhafte Nutzung des Mietobjekts als Hotelbetrieb habe, garantieren noch ihr die Erzielung eines bestimmten Umsatzes habe zusichern wollen (E. 4.2).