Overview

real estate blog: Wohneigentum - Eigentumserwerb in Zeiten steigender Hypothekarzinsen

Hutzli Niklaus und Bellwald Melanie, in: bratschi real estate blog, July 2023

Im Juni 2023 hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Leitzins erneut erhöht, womit auch die Hypothekarzinse signifikant gestiegen sind. Die Nachfrage nach Wohneigentum scheint jedoch weiterhin hoch. Vor einem Kauf sollten sich zukünftige Eigentümer unbedingt einige Gedanken dazu machen, welche Form des Eigentums für sie am sinnvollsten ist. Bei Ehegatten ist beispielsweise im Kanton Zürich der Erwerb als Miteigentümer Standard. Im Kanton Bern wird hingegen, insbesondere aus erbrechtlichen Überlegungen, vielfach der Erwerb als Gesamteigentümer (einfache Gesellschaft) gewählt. Konkubinatspaare erwerben meist als Miteigentümer und sind gut beraten, wenn sie zugleich ihre Miteigentümerstellung detailliert vertraglich regeln. 

Immobilieneigentum als Ehepaar

 

Als Ehepaar wird eine Wohnimmobilie mehrheitlich im Miteigentum oder als einfache Gesellschaft zu Gesamteigentum erworben. Bei sogenannten Patchwork-Familien, also Ehegatten mit nichtgemeinsamen Kindern, kann sich aus finanzierungstechnischen sowie erbrechtlichen Überlegungen aber auch ein Erwerb durch einen Ehegatten zu Alleineigentum aufdrängen. Der andere Ehegatte kann in diesem Fall über eine im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit, eine Nutzniessung, ein Wohnrecht oder auch einen langfristigen Mietvertrag abgesichert werden.

 

Erfolgt der Erwerb im Miteigentum, wird pro Ehegatte ein Miteigentumsanteil mit einer Quote (Bruchteil) gebildet, der im Grundbuch eingetragen wird. Über diesen kann jeder Ehegatte flexibel selbst bestimmen und verfügen. Sollte ein Ehegatte seinen Miteigentumsanteil verkaufen wollen, steht dem anderen Miteigentümer ein Vorkaufsrecht zu. Im Todesfall fällt der Miteigentumsanteil des Verstorbenen in seinen Nachlass und es wird die Erbengemeinschaft als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Soll der Miteigentumsanteil dem überlebenden Ehegatten zu Alleineigentum zugewiesen werden, ist Einstimmigkeit der Erben und ein Erbteilungsvertrag erforderlich. Diesem potentiell streitfördernden Einstimmigkeitserfordernis sollte mittels klaren Teilungsvorschriften in einem Testament oder Erbvertrag und gegebenenfalls der Einsetzung eines Willensvollstreckers entgegengewirkt werden.

 

Erfolgt der Erwerb als einfache Gesellschaft zu Gesamteigentum, so sind die Ehegatten nach aussen an der gesamten Wohnimmobilie gleichermassen berechtigt. Sie können nur gemeinsam über die Wohnimmobilie verfügen. Im Rahmen der schriftlichen Regelung der einfachen Gesellschaft sollten jedoch im Innenverhältnis Anteile, die z.B. den Finanzierungsanteilen entsprechen, festgelegt werden. Zugunsten anderer Vorteile verzichten die Ehegatten beim Gesamteigentum auf eine gewisse Flexibilität. Einer dieser Vorteile betrifft die Regelung des Todesfalls eines Ehegatten. Diesfalls haben nämlich die gesetzlichen Bestimmungen und Vereinbarungen zur Beendigung der einfachen Gesellschaft Vorrang vor den güter- und erbrechtlichen Bestimmungen. Die Ehegatten als Gesamteigentümer einer Wohnimmobilie vereinbaren meist eine sogenannte Akkreszenzklausel, welche zur Folge hat, dass dem überlebenden Ehegatten beim Tod des anderen Ehegatten die Wohnimmobilie zu Alleineigentum «anwächst». Betreffend das Grundstück wird diesfalls nicht die Erbengemeinschaft in das Grundbuch eingetragen, sondern der überlebende Ehegatte als Alleineigentümer. Die übrigen Erben erhalten „nur“ einen geldwerten Anspruch, jedoch keine Eigentümerstellung an der Wohnimmobilie. Ohne Akkreszenzklausel und wenn weitere Erben, z.B. pflichtteilsgeschützte Nachkommen, vorhanden sind, braucht es zur Zuteilung der Wohnimmobilie an den überlebenden Ehegatten immer deren Zustimmung. Ist das Verhältnis unter den Erben nicht sehr gut, so wird es allenfalls an der erforderlichen Einstimmigkeit scheitern. Sind minderjährige Erben vorhanden, ist die Mitwirkung und Zustimmung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) zwingend. 

 

Immobilieneigentum als Konkubinatspaar

 

Einem Konkubinatspaar stehen ebenfalls alle hiervor dargelegten Eigentumsformen zur Verfügung. Aufgrund der Flexibilität erwerben jedoch viele Konkubinatspaare ihre Wohnimmobilie im Miteigentum. Mit der Eintragung der jeweiligen Quote im Grundbuch wird für klare Eigentumsverhältnisse gesorgt. Da das Konkubinat im Vergleich zur Ehe von der bestehenden Rechtsordnung nur ansatzweise geregelt wird, bedarf es zusätzlicher Regelungen. Es empfiehlt sich daher, neben dem Vertrag zum Erwerb der Wohnimmobilie auch einen Konkubinatsvertrag abzuschliessen. In diesem sind u.a. die Finanzierung des Erwerbs, die weitere Kostentragung und die Auflösung im Trennungs- oder Todesfall zu regeln. Soll die Wohnimmobilie mit Vorsorgeguthaben finanziert werden, müssen unverheiratete Paare diese zwingend im Miteigentum erwerben.

 

Teile der vorliegenden Publikation wurde dem Artikel «Eigentumsformen bei Wohnimmobilien» im Jahresmagazin «hausbau», Ausgabe 2023, derselben Autorenschaft entnommen.

bratschiBLOG

Authors

Melanie Bellwald
Hutzli Niklaus
Niklaus Hutzli
Attorney at law, Partner, Notary
Berne
To the Profile

More on this topic

bratschiBLOG

tax blog: Höchstrichterliche Bestätigung des Immobilienbetriebs bei Umstrukturierungen

Das Bundesgericht hat kürzlich die Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) bestätigt, wonach für das Vorliegen einer steuerneutralen...
bratschiBLOG

real estate blog: Die Bedeutung der rechtzeitigen Beantragung der Mietzinsanpassung infolge Veränderungen des hypothekarischen Referenzzinssatzes auf Ende der Indexdauer (Urteil des Bundesgerichts BGer 4A_252/2023 vom 24. Oktober 2023)

Das Bundesgericht bekräftigt, dass bei indexierten Mietverhältnissen nach Ablauf der festen Vertragsdauer und (stillschweigender oder ausdrücklicher)...
Publication

Nachgefragt - Solaranlage, Wärmepumpe und gute Nachbarschaft – wie geht das?

Our Offices

Contact form