Ein- und Ausbau von Force Majeure- und Hardship-Klauseln sowie die Vereinbarung einer reinen Umsatzmiete (ohne Sockelmiete).
In der Schweiz wie auch im Ausland haben sich Vermieter und Mieter von Geschäftsräumlichkeiten im letzten Jahr mehrheitlich mit der Frage befasst bzw. darüber gestritten, wer das Risiko der zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie behördlich angeordneten, vorübergehenden Schliessung einiger Geschäftslokale zu tragen hat.
Teil dieser nicht nur rechtlich, sondern auch politisch heftig geführten Debatte waren (und sind immer noch) unter anderem folgende Fragen: Stellt eine behördlich verfügte Schliessung einen Mangel am Mietobjekt dar, welcher den Mieter zu einer Mietzinsherabsetzung berechtigt? Kann der Mieter unter Berufung auf das Rechtsinstitut der clausula rebus sic stantibus vom Richter eine (vorübergehende) Anpassung des Vertrags an die neuen Umstände oder sogar eine vorzeitige Vertragsauflösung verlangen? Stellt die COVID-19 bedingte Ausnahmesituation einen wichtigen Grund dar, welcher den Mieter zur vorzeitigen, ausserordentlichen Vertragskündigung berechtigt? Ohne ins Detail dieser heute zum Teil noch offenen Fragen gehen zu wollen, kann man an dieser Stelle festhalten, dass in Lehre und Rechtsprechung kontroverse Auffassungen zu den oben genannten Fragestellungen vertreten werden.
Auch in Anbetracht dieser Rechtsunsicherheit haben sich in der Zwischenzeit mehrere Vermieter und Mieter geschäftlicher Liegenschaften gütlich einigen können. Viele Vertragsparteien haben offensichtlich das gemeinsame Interesse an einer langfristigen Zusammenarbeit den auf wenige Monatszinse beschränkten Auseinandersetzungen vorangestellt, was grundsätzlich zu begrüssen ist.
Es ist darüber hinaus in der Praxis festzustellen, wie sich einige Parteien nicht damit begnügt haben, eine auf die vergangenen Lockdowns beschränkte Mietzinsregelung zu finden, sondern die «Gunst der Stunde» genutzt haben, um ihre Geschäftsmietverträge vorsorglich zu «verbessern».
Ausgebaut und präzisiert wurden unter anderem die sogenannten Force Majeure- oder Hardship-Vertragsklauseln, die den künftigen Umgang mit ausserordentlichen und unvorhergesehenen Ereignissen vertraglich regeln sollten. Auch die Vertragsbestimmungen zu den von den Parteien zu tragenden und zu versichernden Risiken wurden näher präzisiert.
In einigen Fällen haben die Vermieter sogar ihre vertragliche Mietzinsstruktur diametral geändert und den Mietzins ausschliesslich an den im Verkaufslokal erzielten Umsatz gekoppelt, ohne dabei – und das ist hier das Novum – eine (vom Umsatz unabhängige) Sockelmiete zu verlangen.
Prima vista scheint eine solche Lösung unattraktiv für den Vermieter. Das letzte Jahr hat jedoch gezeigt, dass der von einigen Mietern in den Monaten nach der Wiedereröffnung erwirtschaftete Umsatz (sicherlich auch beflügelt durch eine gewisse Euphorie seitens der Verbraucher) es ermöglicht hat, die während des Lockdowns nicht eingenommenen Mietzahlungen problemlos wiedergutzumachen. Natürlich stellt aber auch dieser Ansatz keine allgemeine Panazee dar. Es bleibt nun zu analysieren, ob dieser (zum Teil neue) Ansatz als reine Notlösung zu taxieren ist oder eine neue Art darstellt, unvorhergesehene, von keiner Partei verschuldete Ereignisse partnerschaftlich zu überbrücken. Affaire à suivre...