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öff-recht blog: EU-Entwaldungsverordnung: Einjährige Verlängerung der Umsetzungsfristen und zusätzliche Leitlinien der EU-Kommission

Walz Claudia, in: bratschi öff. Verfahrensrecht blog, November 2024

Die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) bringt tiefgreifende Veränderungen für den Handel mit der EU. Als Teil des EU Green Deals zielt sie darauf ab, sicherzustellen, dass Produkte wie Soja, Palmöl, Kaffee, Kakao, Holz und Rindfleisch, die in der EU gehandelt werden, nicht zur Entwaldung beitragen oder diese verursachen. Sie ist bereits am 30. Juni 2023 in Kraft getreten und ersetzt schrittweise die bisherige EU-Holzhandelsverordnung (EUTR). Auf Vorschlag der EU-Kommission hat das Parlament der Europäischen Union letzte Woche der Verlängerung der Umsetzungsfristen um 12 Monate zugestimmt. Grosse Unternehmen müssen die Anforderungen daher erst ab dem 30. Dezember 2025 und kleine und mittlere Unternehmen ab dem 30. Juni 2026 umsetzen. Zur Unterstützung der betroffenen Unternehmen bei der konkreten Umsetzung der EUDR hat die EU-Kommission am 2. Oktober 2024 zusätzliche Leitlinien publiziert.

Unternehmerische Sorgfaltspflichten zur Sicherstellung entwaldungsfreier Lieferketten

 

Die EUDR sieht einen weltweit einmaligen Ansatz verbindlicher, unternehmerischer Sorgfaltspflichten zur Sicherstellung entwaldungsfreier Lieferketten vor für den Handel mit Soja, Ölpalmen, Rindern, Kaffee, Kakao, Kautschuk und Holz sowie daraus hergestellten, im Anhang I der EUDR genannten Erzeugnissen. Diese Rohstoffe und Erzeugnisse dürfen nur dann in der EU in Verkehr gebracht, auf dem Markt bereitgestellt oder ausgeführt werden, wenn sie nicht auf Flächen produziert wurden, auf denen seit 31. Dezember 2020 Entwaldung oder Waldschädigung stattgefunden hat, im Einklang mit den Gesetzen des Ursprungslands stehen sowie mit den in der EUDR spezifizierten, elementaren Menschenrechten produziert wurden.

 

 

Warum ist die EUDR auch für Schweizer Unternehmen relevant?

 

Die EU ist ein wichtiger Handelspartner für Schweizer Unternehmen für die betroffenen Rohstoffe und Erzeugnisse. Schweizer Unternehmen, die in die EU exportieren, sowie Unternehmen, die Rohstoffe für die Herstellung von Produkten importieren, die exportiert werden sollen, müssen den neuen indirekten Pflichten der EUDR nachkommen. Sie müssen ihren EU-Handelspartnern mit einer Sorgfaltserklärung bestätigen können, dass ihre Rohstoffe und Erzeugnisse den strengen Anforderungen der EUDR entsprechen, dazu gehören detaillierte Produkt- und Geoinformationen. Die Nichteinhaltung der EUDR ist mit einem Sanktions- und Reputationsrisiko verbunden. Zu den möglichen Sanktionen gehören Geldbussen, die Einziehung der betroffenen Erzeugnisse bzw. der mit diesen erzielten Einnahmen, der vorübergehende Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen und das vorübergehende Verbot, betroffene Rohstoffe und Erzeugnisse auf dem EU-Markt in Verkehr zu bringen oder auszuführen. Verstösse werden auf der Webseite der EU-Kommission veröffentlicht.

 

In der Schweiz ist es seit dem 1. Januar 2022 verboten, illegal geschlagenes Holz und die daraus gefertigten Produkte erstmalig in der Schweiz in Verkehr zu bringen. Gleichzeitig mit dem revidierten Umweltschutzgesetz trat die neue Holzhandelsverordnung (HHV) in Kraft. Diese sieht Sorgfaltspflichten für Unternehmen vor, die Holz oder Holzprodukte in der Schweiz erstmals in Verkehr bringen. Diese Unternehmen sind verpflichtet, eine Risikobewertung vorzunehmen und – sofern das Risiko illegalen Holzschlages nicht als vernachlässigbar einzustufen ist – Massnahmen zu ergreifen, um das Risiko zu minimieren, Holz oder Holzerzeugnisse aus illegalem Einschlag und Handel in den Verkehr zu bringen. Die Risikobewertung und die Massnahmen sind zu dokumentieren. Mit der HVV hat der Schweizer Gesetzgeber eine zur EUTR inhaltlich weitgehend gleichwertige Regelung geschaffen, um Handelshemmnisse mit der EU zu reduzieren. Allerdings ist beim Import von Schweizer Holzerzeugnissen in die EU stets die jeweils anwendbare EU-Regelung zu beachten.

 

Hervorzuheben ist, dass die EUDR neben illegalen, auch legalen Holzschlag erfasst und damit weiter geht als die HHV. Daher ist zu erwarten, dass die Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung auch massgeblich für künftige Schweizer Regulierungsansätze sein wird, um drohende Marktzugangshürden für Schweizer Unternehmen abzubauen.

 

 

Verlängerung der EUDR-Umsetzungsfristen

 

Die EUDR ersetzt schrittweise die bisherige EUTR. Sie sah ursprünglich eine Umsetzungsfrist für grosse Unternehmen bis zum 30. Dezember 2024 vor, während kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bis zum 30. Juni 2025 Zeit hatten. 

 

Nach Zustimmung des Rates der Europäischen Union am 16. Oktober 2024 hat am 14. November 2024 auch das Europäische Parlament im Dringlichkeitsverfahren dem Vorschlag der EU-Kommission zugestimmt, die Fristen für die Umsetzung der EUDR um 12 Monate zu verlängern. Für grosse Unternehmen bis zum 30. Dezember 2025 und für KMU bis zum 30. Juni 2026.

 

 

Zusätzliche Leitlinien der EU-Kommission zur EUDR

 

Die EU-Kommission hat am 2. Oktober 2024 zusätzliche Leitlinien veröffentlicht, die Unternehmen als praktische Anleitung zur Umsetzung der EUDR dienen sollen, insbesondere bzgl. der folgenden Anforderungen:

 

  • Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen: Unternehmen müssen nachweisen, dass ihre Produkte nicht auf entwaldeten Flächen angebaut wurden. Dieser Nachweis erfordert eine lückenlose Rückverfolgbarkeit bis zum Ursprungsgrundstück.
  • Sorgfaltspflichten: Unternehmen müssen ihre Lieferketten einer umfassenden Risikobewertung unterziehen und sicherstellen, dass keine Produkte aus Entwaldungsgebieten in die EU gelangen. Die Leitlinien bieten konkrete Anweisungen, wie diese Risikobewertungen durchgeführt werden sollten.
  • IT-System zur Abgabe von Sorgfaltserklärungen: Ein speziell entwickeltes IT-System der EU-Kommission ermöglicht es Unternehmen, ihre Sorgfaltserklärungen elektronisch abzugeben. Unternehmen können dieses System schon vor der vollständigen Einführung der EUDR nutzen.
  • Produktkategorien und Compliance: Die EUDR betrifft eine breite Produktpalette – von Rohstoffen wie Soja, Palmöl und Holz bis hin zu daraus hergestellten Produkten wie Möbeln und Schokolade. Unternehmen sollten sicherstellen, dass sie alle betroffenen Produkte in ihren Lieferketten identifizieren und entsprechende Nachweise erbringen können.

 

 

Fazit

 

Die zusätzlichen Leitlinien zur EUDR und die Verlängerung der Umsetzungsfristen bieten Unternehmen eine wichtige Gelegenheit, sich umfassend auf die kommenden Anforderungen vorzubereiten. Unternehmen, die in die EU exportieren oder Handel mit Rohstoffen und/oder Erzeugnissen betreiben, die unter die EUDR fallen, sollten ihre Lieferketten sorgfältig prüfen und sicherstellen, dass sie den komplexen Anforderungen entsprechen, um Marktverluste und Sanktionen zu vermeiden.

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Claudia Walz
Rechtsanwältin
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