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Datenschutzrechtliche Auskunftsbegehren in Arbeitsverhältnissen

Jost Samuel, in: bratschiLetter IP-, IT- und Datenschutzrecht, Juli 2025

Datenschutzrechtliche Auskunftsbegehren werden in der Praxis häufig gestellt, insbesondere im Zusammenhang mit arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen. Der Arbeitgeber sollte Auskunftsersuchen ausreichend Beachtung schenken, da im Falle der falschen oder unvollständigen Auskunftserteilung ein hohes Bussgeld droht. Es ist jeweils im Einzelfall zu prüfen, ob ein Anspruch auf Auskunft besteht oder ob die Auskunftserteilung einzuschränken ist. Ein Recht auf Herausgabe von Urkunden ist zu verneinen. Selbst wenn es im konkreten Fall keinen Anspruch auf eine (uneingeschränkte) Auskunft gibt, kann es aus Sicht des Arbeitgebers sinnvoll sein, dennoch Auskunft zu erteilen und/oder Unterlagen herauszugeben. 

1. Einleitung

 

Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses werden notwendigerweise Personendaten bearbeitet, etwa, um mit den Mitarbeitenden zu kommunizieren sowie im Rahmen der Durchführung des Arbeitsvertrags oder der Personaladministration (z.B. Vornamen, Name, Kontaktdaten, Bankdaten, Zeiterfassung etc.). Datenschutzrechtliche Auskunftsbegehren bieten eine unkomplizierte und grundsätzlich kostenlose Möglichkeit, sich über die beim Verantwortlichen vorhandenen Personendaten und die Umstände der Datenbearbeitung (z.B. Beschaffung, Speicherung, Bekanntgabe an Dritte etc.) zu informieren. In der Praxis werden Auskunftsbegehren häufig im Zusammenhang mit bereits eingetretenen oder sich abzeichnenden arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen gestellt, wobei regelmässig auch die Herausgabe bestimmter Dokumente, insbesondere des Personaldossiers, verlangt wird. Vorliegender Beitrag beleuchtet ausgewählte Fragen, die sich dem Arbeitgeber im Zusammenhang im Umgang mit datenschutzrechtlichen Auskunftsbegehren typischerweise stellen und liefert Hinweise, wie auf datenschutzrechtliche Auskunftsbegehren reagiert werden kann.

 

 

2. Umfang des Auskunftsrechts

 

Gegenstand datenschutzrechtlicher Auskunftsbegehren sind ausschliesslich Personendaten. Der Begriff Personendaten ist weit zu verstehen, d.h. es sind alle Informationen erfasst, die mit einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person in Verbindung gebracht werden können. Ob sich das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht darin erschöpft, dass lediglich über die Kategorien der bearbeiteten Personendaten Auskunft erteilt werden muss, ob mit einem höheren Detaillierungsgrad Auskunft zu erteilen ist oder, ob der Gesuchsteller Anspruch auf die Herausgabe von Urkunden hat, wird im vorliegenden Beitrag nicht vertieft erörtert (vgl. hierzu den Beitrag von Jacqueline Odermatt im bratschiLETTER Compliance vom April 2025).

 

Das Auskunftsrecht ist ein höchstpersönliches Recht, d.h. es ist nicht übertragbar, vererblich und ein Verzicht zum Voraus ist unwirksam. Folglich kann es nicht vertraglich eingeschränkt oder wegbedungen werden. Als unzulässige Einschränkungen gelten auch die ausnahmslose Erhebung von Gebühren für die Auskunftserteilung oder Konventionalstrafen. Entsprechende Klauseln in Arbeitsverträgen oder Reglementen (z.B. Personalreglement) sind nichtig und somit rechtlich nicht durchsetzbar. Sodann besteht das Auskunftsrecht zeitlich unbefristet. Verfügt der Arbeitgeber von ehemaligen Mitarbeitenden über keine Personendaten mehr, weil er diese nach Ablauf allfälliger Aufbewahrungsfristen gelöscht hat, besteht der Anspruch auf Auskunftserteilung weiterhin und wird mit einer Negativauskunft erfüllt.

 

 

3. Zur Auskunft Verpflichteter und Mitwirkungspflichten der gesuchstellenden Person

 

Zur Auskunft verpflichtet ist der für die Bearbeitung der Personendaten Verantwortliche, d.h. der Arbeitgeber. Bei einer Unternehmensgruppe ist dies jene Gesellschaft, mit welcher der Arbeitsvertrag besteht. Werden datenschutzrechtliche Auskunftsbegehren vorsätzlich falsch oder unvollständig beantwortet, droht eine Busse bis zu CHF 250'000, weshalb der Arbeitgeber diesen die erforderliche Bedeutung beimessen sollte. Das Auskunftsgesuch kann auf elektronischem Weg gestellt werden. Voraussetzung ist, dass der Nachweis durch Text möglich ist. Das Auskunftsrecht besteht grundsätzlich voraussetzungslos. (Ehemalige) Mitarbeitende müssen somit weder ein Interesse an der Auskunft nachweisen noch das Auskunftsbegehren begründen. Bis zu einem gewissen Grad sind sie aber zur Mitwirkung verpflichtet.

 

Die gesuchstellende Person unterliegt zunächst im Zusammenhang mit dem Identitätsnachweis insoweit einer Mitwirkungspflicht, als dass von ihr beispielweise verlangt werden kann, einen Ausweis vorzulegen. Der Verantwortliche muss angemessene Massnahmen treffen, um die Person, die um Auskunft ersucht, zu identifizieren. Eine Auskunftserteilung an eine unberechtigte Person birgt das Risiko einer Verletzung des Datenschutzes und der Persönlichkeitsrechte derjenigen Person, über die Auskunft erteilt wird. Dies dürfte allerdings nur bei Unternehmen relevant sein, bei denen die Mitarbeitenden, z.B. aufgrund deren Anzahl, nicht persönlich bekannt sind oder wenn aufgrund der Umstände Zweifel an der Identität der gesuchstellenden Person bestehen.

 

Sodann muss der Verantwortliche prüfen können, ob die Auskunft eingeschränkt oder verweigert werden kann, weshalb er von der gesuchstellenden Person Angaben zum Motiv des Auskunftsgesuchs verlangen kann. Solange kein Risiko für eine Verletzung von Rechten Dritten besteht, oder wenn etwa aufgrund der Umstände erkennbar ist, weshalb um Auskunft ersucht wird, ist der Verantwortliche nicht verpflichtet, Rückfragen zum Motiv zu stellen.

 

 

4. Einschränkungen oder Verweigerung der Auskunftserteilung – insbesondere im Zusammenhang mit arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen

 

Der Hauptanwendungsfall einer Auskunftsverweigerung im arbeitsrechtlichen Kontext dürfte die offensichtlich unbegründete Ausübung des Auskunftsrechts sein. Darunter fällt namentlich die datenschutzwidrige Zweckverfolgung, d.h. wenn die Ausübung des Auskunftsrechts nicht im Datenschutz motiviert ist. Das Auskunftsrecht soll die betroffene Person in die Lage versetzen, ihre Rechte nach dem Datenschutzgesetz sowie die aus dem Persönlichkeitsschutz und gewissen Grundrechten (insbesondere die informationelle Selbstbestimmung und die persönliche Freiheit) fliessenden Rechte durchsetzen zu können. Demgegenüber gelten sowohl die Beweismittelausforschung in Bezug auf Ansprüche und Rechte im Zusammenhang mit bestehenden oder im Hinblick auf sich abzeichnende arbeitsrechtliche Streitigkeiten als auch die Kostenersparnis für die Beweisbeschaffung als nicht im Datenschutz motiviert, mithin als datenschutzwidrige Zweckverfolgung. Ob (uneingeschränkte) Auskunft zu erteilen ist, muss jeweils anhand der konkreten Umstände im Einzelfall geprüft werden. Als Faustregel kann festgehalten werden, dass keine Auskunft erteilt werden muss, wenn eine arbeitsrechtliche Streitigkeit bereits eingetreten ist oder wahrscheinlich eintreten wird, wobei es nicht erforderlich ist, dass bereits ein Schlichtungs- oder gar ein gerichtliches Verfahren anhängig gemacht wurde. So kann der Arbeitgeber die Auskunft etwa verweigern, wenn Mitarbeitende gegen die Kündigung des Arbeitsverhältnisses schriftliche Einsprache erhoben oder rechtliche Schritte gegen eine andere arbeitsrechtliche Massnahme angekündigt haben und zusätzlich ein datenschutzrechtliches Auskunftsbegehren stellen. Ebenso kann im Falle querulatorisch motivierter Auskunftsgesuche die Auskunft verweigert werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn (ehemalige) Mitarbeitende wiederholt und ohne plausible Begründung Auskunft verlangen, obwohl klar ist, dass keine oder keine weiteren als die bereits mitgeteilten Daten bearbeitet werden. Demgegenüber ist in weniger klaren Fällen – etwa wenn zwar die Möglichkeit einer arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung im Raum steht, hierfür aber noch keine Anhaltspunkte bestehen – grundsätzlich Auskunft zu erteilen. 

 

Ist der gesuchstellenden Person im Grundsatz Auskunft zu erteilen, muss jeweils im Einzelfall geprüft werden, ob die Auskunft einzuschränken ist. Soweit die überwiegenden Interessen Dritter oder Geheimhaltungsinteressen des Arbeitgebers durch Einschränkungen des Auskunftsrechts, d.h. beispielsweise durch Schwärzungen bestimmter Informationen, geschützt werden können, ist eine vollständige Verweigerung des Auskunftsrechts aufgrund des Verhältnismässigkeitsprinzips nicht sachgerecht, sondern es genügt, wenn lediglich eingeschränkt Auskunft erteilt wird. Dies ist zum Beispiel bei Auskunftsbegehren von Mitarbeitenden der Fall, wenn überwiegende Interessen Dritter entgegenstehen, weil die Auskunft auch Informationen über diese beinhaltet und dadurch deren Rechte verletzt werden könnten. Zu denken ist etwa an Informationen betreffend die gesuchstellende Person, die der Arbeitgeber von anderen Mitarbeitenden erhalten hat, soweit die Offenlegung die Identität dieser Mitarbeitenden bekannt geben oder Rückschlüsse auf diese zulassen würde und diese Mitarbeitenden der um Auskunft ersuchenden Person nicht bekannt sind, wie z.B. anonyme Whistleblower. Keinen Einschränkungen unterliegt hingegen die Bekanntgabe jener Personen (z.B. Vorgesetze oder Mitarbeitende der Personalabteilung), die an Besprechungen mit der gesuchstellenden Person teilgenommen haben und dieser somit bekannt sind. Ob und falls ja, über welche Informationen keine Auskunft erteilt wird, ist im jeweiligen Einzelfall zu prüfen.

 

Im Rahmen einer (sich abzeichnenden) arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung wird in der Praxis regelmässig nicht nur Auskunft über die Personendaten verlangt, sondern der Arbeitgeber wird aufgefordert, Unterlagen, insbesondere das Personaldossier, herauszugeben. Nach der hier vertretenen Auffassung beinhaltet das Auskunftsrecht keinen Anspruch auf Urkundenedition, d.h. der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, Unterlagen (z.B. das Personaldossier, E-Mails etc.), welche Personendaten der gesuchstellenden Mitarbeitenden enthalten, herauszugeben, sondern es genügt, wenn über die Personendaten als solche Auskunft erteilt wird (vgl. hierzu den Beitrag von Jacqueline Odermatt im bratschiLETTER Compliance April 2025).

 

Selbst wenn das Auskunftsgesuch der Beweismittelausforschung dient oder das Personaldossier herausverlangt wird, mithin kein Anspruch auf Auskunft und Herausgabe besteht, lohnt es sich im jeweiligen Einzelfall, anhand der konkreten Umstände zu prüfen, ob nicht trotzdem Auskunft erteilt bzw. das Personaldossier herausgegeben werden soll. Wenn sich mit hoher Wahrscheinlichkeit ein arbeitsrechtliches Verfahren abzeichnet und keine besonderen Umstände einer Auskunftserteilung und/oder Herausgabe von Unterlagen entgegenstehen, kann es sinnvoll sein, dem Ersuchen stattzugeben. Dies etwa deshalb, weil die Urkunden im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens gestützt auf Editionsbegehren gemäss der Zivilprozessordnung ohnehin herausgegeben werden müssten, und die Herausgabe allenfalls eine aussergerichtliche Vergleichslösung erleichtert. Ob eine Auskunftserteilung und/oder Herausgabe von Unterlagen sinnvoll ist, ist einzelfallweise zu entscheiden, wobei auch taktische und strategische Überlegungen miteinzubeziehen sind. Im Falle der Herausgabe von Unterlagen ist jeweils sicherzustellen, dass hierdurch keine Rechte Dritter oder Geheimhaltungsinteressen verletzt werden, d.h. es ist stets zu prüfen, ob gewisse Informationen in den Unterlagen nicht herauszugeben bzw. zu schwärzen sind.   

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Jost Samuel
Samuel Jost
Attorney-at-Law, Partner, Notary
Head Competition
St.Gallen
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