Das Bundesgericht wies ein Revisionsgesuch des Staatsrates des Kantons Freiburg ab. Es erachtete es nicht als Versehen, dass es erhebliche Tatsachenbehauptungen des Staatsrates nicht berücksichtigt hatte. Der allgemeine Hinweis in der Beschwerdeantwort auf die Begründung in einer anderen Eingabe im selben Beschwerdeverfahren, reichte demnach nicht, um die Aufmerksamkeit des Bundesgerichts auf eine möglicherweise entscheidende Tatsache zu lenken. Das Bundesgericht stellt damit hohe formalistische Anforderungen an die Substantiierungspflicht, selbst wenn es als erste und letzte Rechtsmittelinstanz wie im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle den Sachverhalt von Amtes wegen festzustellen hat (Urteile des BGer 2C_810/2021 vom 31. März 2023 und 2F_10/2023 vom 31. Juli 2023).
Am 14. September 2021 erliess der Staatsrat des Kantons Freiburg die Verordnung über die Covid-19-Zertifikatspflicht für den Studienbetrieb an Hochschulen. Am 14. Oktober 2021 verlangten 22 Studierende mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht die Aufhebung der Verordnung und die Erteilung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde. Sie machten im Wesentlichen geltend, die Zertifikatspflicht komme insbesondere für Studierende, die in bescheidenen finanziellen Verhältnissen lebten, einer Impfflicht gleich.
Der Staatsrat nahm in seiner ersten Eingabe an das Bundesgericht zum Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung Stellung. Darin äusserte er sich bereits zum materiellen Teil der Beschwerde. Er legte unter anderem dar, dass die Universität Freiburg günstige Sars-CoV-2-Tests anbiete und dass die Tests an den beiden anderen Hochschulen kostenlos seien. In seiner zweiten Eingabe, der Beschwerdeantwort, nahm der Staatsrat erneut Stellung zur Beschwerde, erwähnte in Bezug auf die Kosten jedoch nur noch die Universität Freiburg, nicht aber die kostenlosen Tests an den beiden anderen Hochschulen.
Nach einer abstrakten Normenkontrolle kam das Bundesgericht zum Schluss, dass die Zertifikatspflicht an den Hochschulen nicht verhältnismässig gemäss Art. 36 Abs. 3 der Bundesverfassung sei (E. 7.7). Mangels finanzieller Unterstützung würden Studierende, welche in bescheidenen Verhältnissen lebten, indirekt gezwungen, sich impfen zu lassen. Eine mildere und damit verhältnismässige Massnahme wäre die Zertifikatspflicht gewesen, wenn die regelmässigen Tests kostenlos gewesen wären (E. 7.8). Mit Urteil 2C_810/2021 vom 31. März 2023 hiess das Bundesgericht die Beschwerde teilweise gut, soweit es darauf eintrat, und stellte fest, dass die Verordnung gegen die Bundesverfassung verstosse.
In der Folge verlangte der Staatsrat die Revision des Urteils. Er rügte, das Bundesgericht habe in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt (Art. 121 lit. d des Bundesgesetzes über das Bundesgericht [BGG]). Das Bundesgericht wies das Revisionsbegehren mit Urteil 2F_10/2023 vom 31. Juli 2023 ab mit der Begründung, es sei kein Versehen gewesen, dass das Bundesgericht die Ausführungen in der ersten Eingabe nicht berücksichtigt habe. Der Staatsrat hätte sich in seiner Beschwerdeantwort nochmals dazu äussern müssen. Der allgemeine Hinweis in der Beschwerdeantwort auf die Ausführungen in der Stellungnahme zum Gesuch um Erteilung der aufschiebenden Wirkung reiche nicht, um die Aufmerksamkeit des Bundesgerichts auf eine von den Parteien als entscheidend erachtete Tatsache zu lenken. Ausserdem hätte der Staatsrat die finanzielle Unterstützung von Studierenden, welche in bescheidenen Verhältnissen lebten, in der Verordnung regeln müssen.
Weshalb der Staatsrat darauf verzichtete, die kostenlosen Tests in der Beschwerdeantwort nochmals zu erwähnen, bleibt unklar. Die Begründung des Bundesgerichts überzeugt allerdings ungeachtet dessen nicht. Ist das Bundesgericht wie im vorliegenden Fall die erste gerichtliche Instanz, so muss es den Sachverhalt selbständig ermitteln, soweit dies für die Beurteilung erforderlich ist. Selbstverständlich muss das Bundesgericht nicht umfangreiche Akten ohne Anhaltspunkte durchsuchen. Wo sich aber die Akten auf die Rechtsschriften der Parteien im Schriftenwechsel und wenige Beilagen beschränken, sollte vom Bundesgericht erwartet werden können, dass es wesentliche Sachverhaltselemente zur Kenntnis nimmt. Das Bundesgericht hält im Urteil über die Beschwerde fest, der Staatsrat äussere sich nicht zu den Kosten der Tests für Studierende an anderen Hochschulen als der Universität Freiburg und auch nicht dazu, ob den Studierenden finanzielle Unterstützung angeboten worden sei (E. 7.7.1 f.). Unerwähnt bleibt, dass der Staatsrat sich im Beschwerdeverfahren sehr wohl dazu geäussert hatte, bloss nicht formell in der Beschwerdeantwort. Dies deutet nicht darauf hin, das Bundesgericht hätte die Tatsache als unerheblich erachtet und bewusst nicht in seine Beurteilung einbezogen. Doch selbst ein bewusster Entscheid dagegen wäre nicht nachvollziehbar, denn die Erheblichkeit der unberücksichtigten Tatsache ist im vorliegenden Fall offenkundig: Das Bundesgericht befand die angefochtene Verordnung für verfassungswidrig, weil es davon ausging, die Studierenden müssten die Kosten für Tests selber tragen. Es liegt nahe, dass sein Urteil anders ausgefallen wäre, wenn es berücksichtigt hätte, dass die Tests grösstenteils kostenlos waren, wie der Staatsrat in seiner ersten Eingabe dargelegt hatte.
Ob Versehen oder nicht: Es ist denkwürdig, dass das Bundesgericht eine entscheidende Tatsache unberücksichtigt lässt, weil es einem Hinweis zu einem anderen vorhandenen Aktenstück nicht folgt. Im vorliegenden Fall führte dies dazu, dass das Bundesgericht als einzige gerichtliche Instanz gestützt auf einen unvollständigen Sachverhalt ein Urteil fällte, das bei Berücksichtigung der Tatsache wohl anders ausgefallen wäre. Damit bleibt ein vermutlich sachwidriges, letztinstanzliches Urteil stehen.