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real estate blog: Teilrevision des Bauvertragsrechts mit Verbesserungen für Bauherr- und Käuferschaft

Aeschbacher Markus and Wanner Nadine, in: bratschi real estate blog, November, 2022

Gestern (15. November 2022) veröffentlichte der Bundesrat die >Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts und das Ergebnis der am 19. August 2020 eröffneten Vernehmlassung dazu. Neu soll (i) die nach heutigem Recht überaus kurze Mängelrügefrist für Bauwerke und gekaufte Liegenschaften auf 60 Tage erhöht werden, (ii) dem Käufer eines Grundstücks mit Neubau wie beim Werkvertrag das Nachbesserungsrecht zustehen, (iii) bei persönlichen oder familiären Zwecken dienenden Bauten ein vorgängiger Ausschluss des Nachbesserungsrechts ungültig sein und (iv) die Anforderung an die Ersatzsicherheit zur Löschung von Bauhanderkerpfandrechten erleichtert werden. Der Ball liegt nun beim Parlament, das diesem >Entwurf der Teilrevision zustimmen muss.

Gemäss geltendem Recht sind Baumängel grundsätzlich "sofort", das heisst innert wenigen Tagen, zu rügen. Diese kurze Rügefrist und die Verwirkungsfolge der verspäteten Mängelrüge sind für Bauherren und Käufer zweifellos hart und lassen sich sachlich kaum rechtfertigen. Bei einem Bauwerk soll die Frist für die Mängelrüge gemäss der Vorlage daher 60 Tage betragen. Diese Rügefrist soll nicht nur für Werkverträge, sondern auch für Grundstückkaufverträge gelten(Ergänzung von Art. 367 Abs. 1 OR und Einführung von Art. 219a Abs. 1 OR). Die neue Regelung soll entsprechend der heutigen Rechtslage dispositiver Natur, abweichende vertragliche Vereinbarungen somit weiterhin zulässig sein.

Zudem soll dem Käufer eines Grundstücks mit einer Baute, die noch zu errichten oder weniger als ein Jahr vor dem Verkauf neu errichtet worden ist, analog einem Besteller/Bauherrn beim Werkvertrag ein gesetzliches Nachbesserungsrecht eingeräumt werden (neuer Art. 219a Abs. 2 OR). Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass es gelegentlich von zufälligen Umständen oder einer bewussten Steuerung der Vertragsparteien abhängt, ob ein Rechtsgeschäft über den Erwerb von Grundstücken mit neuerstellten Bauten als Kaufvertrag, Werkvertrag oder Mischform dieser beiden Vertragstypen qualifiziert. Nach geltendem Recht steht einem Käufer bei Baumängeln im Gegensatz zu einem Besteller/Bauherrn nämlich kein gesetzlicher Anspruch auf unentgeltliche Nachbesserung zu. Die praktische Auswirkung der unterschiedlichen Qualifikation kann daher namentlich beim Erwerb von Wohneigentum, insbesondere von neu erstellten Stockwerkeinheiten, erheblich sein. Nicht zuletzt auch zur Vermeidung von Umgehungsversuchen soll das gesetzliche Recht auf unentgeltliche Nachbesserung daher neu auf Kaufverträge über Grundstücke ausgedehnt werden.

Überdies soll das grundsätzlich dispositive Nachbesserungsrecht bei Grundstückkauf- und Werkverträgen nicht mehr vorgängig ausgeschlossen werden können, wenn der Mangel eine Baute betrifft, die persönlichen oder familiären Zwecken dient (neuer Art. 368 Abs. 2bis OR). Dies ist für Schweizer Verhältnisse ein bemerkenswerter Eingriff in die Vertragsautonomie zu Gunsten von Käufer- und Bauherrschaft, wenn auch nur im nichtkommerziellen Bereich.

Nicht zuletzt sollen künftig die Anforderungen an die Ersatzsicherheit für ein Bauhandwerkerpfandrecht in quantitativer Hinsicht definiert werden. Im Unterschied zur heutigen Rechtslage soll die Ersatzsicherheit etwaige Verzugszinsen nur noch für zehn Jahre und nicht wie bisher für unbeschränkte Zeit decken müssen (was in der Praxis in der Regel kaum umsetzbar war). Die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts kann gemäss revidiertem Art. 839 Abs. 3 ZGB somit nicht verlangt bzw. der Eintrag wieder gelöscht werden, wenn der Eigentümer eine hinreichende Sicherheit für die angemeldete Forderung zuzüglich Verzugszinse für die Dauer von zehn Jahren leistet.

Schliesslich wurden die Vernehmlassungsteilnehmenden noch zum Revisionsbedarf betreffend das Doppelzahlungsrisiko des Bauherrn im Zusammenhang mit dem Bauhandwerkerpfandrecht für Subunternehmer befragt. Angesichts der inhaltlich sehr unterschiedlichen Stellungnahmen und insbesondere der Strittigkeit des Handlungsbedarfs konnte diesbezüglich allerdings keine Lösung gefunden werden, die von einer Mehrheit oder auch nur einer grösseren Gruppe getragen wird.

Die Akzeptanz des mit dieser Botschaft den Räten unterbreiteten Revisionsentwurfs scheint gross zu sein. Man darf gespannt sein, wie diese entscheiden.

bratschiBLOG

Authors

Aeschbacher Markus
Markus Aeschbacher
Attorney at law, Partner
Co-Head Construction, Real Estate and Hotels
Zurich
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Wanner Nadine
Nadine Wanner
Attorney at law
Zurich
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