Die OECD-Mindestbesteuerung hat weltweit Aufmerksamkeit erregt und fordert von den teilnehmenden Ländern eine Neuordnung ihrer Steuersysteme. In der Schweiz, einem Land mit einer starken Wirtschaft und einer langen Tradition der Steuergestaltung, hat die Umsetzung der Mindestbesteuerung Fahrt aufgenommen. Dieser Blogbeitrag beleuchtet die konkret umgesetzten gesetzlichen Massnahmen in der Schweiz.
Die OECD-Mindestbesteuerung zielt darauf ab, Gewinnverlagerungen und Steuervermeidung zu bekämpfen, indem sie multinationalen Unternehmen eine Mindeststeuer auf ihrem globalen Gewinn auferlegt. Als Mitglied der OECD ist die Schweiz verpflichtet, diese Richtlinien umzusetzen und ihre Steuergesetzgebung entsprechend anzupassen. Mit der globalen Mindestbesteuerung wurden die folgenden drei Steuerregeln eingeführt:
1. Income Inclusion Rule («IIR»): Erhebung zusätzlicher Steuern im Staat der obersten Muttergesellschaft für im Ausland zu tief besteuerte Geschäftseinheiten.
2. Undertaxed Payments Rule («UTPR»): Erhebung zusätzlicher Steuern im Staat einer zur Unternehmensgruppe gehörenden Gesellschaft für den Fall, dass innerhalb der Unternehmensgruppe keine IIR zur Anwendung kommt.
3. Qualified Domestic Top-up Tax («QDMTT»): Erhebung zusätzlicher Steuern in einem Staat, um die Anwendung einer IIR oder einer UTPR im Ausland zu vermeiden. Hierunter fällt die per 1. Januar 2024 eingeführte Ergänzungssteuer in der Schweiz.
Die IIR wird in den meisten teilnehmenden Staaten ab dem 1. Januar 2025 eingeführt. Im Gegensatz dazu ist die Einführung der UTPR in vielen Staaten noch offen.
Einzelheiten vom Deklarations- bis zum Rechtsmittelverfahren
Relevant ist die globale Mindestbesteuerung für Gesellschaften, die einer multinationalen Unternehmensgruppe angehören und die im Konzernabschluss der obersten Muttergesellschaft mindestens zwei der vier Geschäftsjahre, die dem betreffenden Geschäftsjahr vorangegangen sind, einen jährlichen Umsatzerlös von mindestens EUR 750 Mio. ausgewiesen haben.
Die Ergänzungssteuer in der Schweiz ist eine direkte Bundessteuer, die durch die Kantone veranlagt wird. Steuerpflichtig wird die oberste in der Schweiz ansässige Gesellschaft der internationalen Unternehmensstruktur oder die wirtschaftlich bedeutendste inländische Gesellschaft. Diese wird die Steuer im Namen der Unternehmensgruppe deklarieren und begleichen. Zu beachten ist, dass anders als bei der direkten Bundessteuer die örtlichen Verhältnisse zu Beginn des Geschäftsjahres zu berücksichtigen sind und nicht jene am Ende der Geschäftsperiode. Es wird ein «One-stop-shop» eingeführt, falls die Gruppe über mehrere Gesellschaften in der Schweiz verfügt.
Als Basis der Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage dient ein Abschluss nach einem international anerkanntem Rechnungslegungsstandard (z.B. Swiss GAP FER oder IFRS). Anders als bei der normalen Gewinnsteuer wird die Ergänzungssteuer bei der Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage allerdings nicht abgezogen.
Das Veranlagungsverfahren beginnt, indem die steuerpflichtige Gesellschaft ihrer Steuererklärungspflicht nachkommt. Die schweizerische Steuerkonferenz (SSK) als Gremium der kantonalen Steuerbehörden ist der Ansicht, dass sowohl eine Ergänzungserklärung als auch die GlobBE-Erklärung von den besteuerten Geschäftseinheiten einzureichen sind. Die geforderten Informationen sind demnach:
1. Ergänzungssteuererklärung samt Beilagen,
2. Daten zu Geschäftseinheiten im Ausland und
3. Daten zur ergänzungssteuerpflichtigen Geschäftseinheit selbst (Firma, Sitz, UID-Nummer, Vertreter).
Diese Daten sind zwingend elektronisch auf einem zentralen Informationssystem einzureichen. Das Formular für die Ergänzungserklärung ist, wie die Regelwerke der GloBE-Mustervorschriften, in englischer Sprache zu verfassen. Der geschuldete Steuerbetrag ist in Schweizer Franken umzurechnen.
Die Ergänzungserklärung ist innert 15 Monaten nach Ablauf des Berichtsgeschäftsjahres der obersten Muttergesellschaft einzureichen. Für die erste Ergänzungssteuererklärung besteht eine etwas längere Frist, nämlich 18 Monate. Es handeln sich dabei um gesetzliche Fristen, welche nicht erstreckt werden können. Im Falle von Säumnis oder Fehlerhaftigkeit der Erklärung wird eine kurze Nachfrist angesetzt, um die Steuererklärung einzureichen.
Die Ergänzungssteuerveranlagung kann sodann wie eine übliche Veranlagung mittels Einsprache innert 30 Tagen angefochten werden. Die Einsprache kann alsdann elektronisch oder postalisch in schriftlicher Form eingereicht werden. Die Einsprache gegen eine begründete Veranlagungsverfügung kann im Sinne einer Sprungbeschwerde direkt an einer gerichtlichen Instanz des zuständigen Kantons weitergeleitet werden. Dies aber nur mit den Zustimmungen der Einsprecherin, der kantonalen Verwaltung für die Ergänzungssteuer sowie der ESTV. Der weitere Rechtsmittelweg verläuft auf Bundesebene beim Bundesverwaltungsgericht und schliesslich beim Bundesgericht als letzte Instanz.
Weitere Massnahmen der Mindestbesteuerung
Um eine reibungslose Integration dieser Veränderungen unseres nationalen Steuersystems zu gewährleisten, hat die Schweiz bereits in den letzten Jahren mehrere konkrete Schritte unternommen, um die OECD-Mindestbesteuerung umzusetzen:
Einführung von länderbezogenen Berichten: Um Transparenz zu gewährleisten, müssen multinationalen Unternehmen in der Schweiz länderbezogene Berichte vorlegen. Diese Berichte geben detaillierte Informationen über Umsätze, Gewinne und bezahlte Steuern in verschiedenen Ländern.
1. Verschärfung von Anti-BEPS-Massnahmen: Die Schweiz hat ihre Massnahmen gegen Base Erosion and Profit Shifting (BEPS) verschärft, um sicherzustellen, dass Unternehmen nicht durch aggressive Steuergestaltungen ihre Gewinne ins Ausland verlagern.
2. Abbau von Steuervergünstigungen: Um die Mindestbesteuerung effektiv umzusetzen, hat die Schweiz bestimmte Steuervergünstigungen abgebaut, die von multinationalen Unternehmen bisher genutzt wurden, um ihre Steuerlast zu minimieren.
3. Konsultation mit der Wirtschaft: Die schweizerische Regierung hat eng mit der Wirtschaft und relevanten Interessengruppen zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass die Umsetzungsmassnahmen sowohl effektiv als auch ökonomisch verträglich sind.
Die Umsetzung der OECD-Mindestbesteuerung in der Schweiz ist ein laufender Prozess, der eine sorgfältige Balance zwischen internationalen Standards und den Bedürfnissen der schweizerischen Wirtschaft erfordert. Die bisherigen Massnahmen zeigen jedoch das Engagement der Schweiz, faire und transparente Steuerpraktiken zu fördern und sich an die globalen Standards anzupassen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Umsetzung weiterentwickelt und welche Auswirkungen sie auf die schweizerische Wirtschaft haben wird. Des Weiteren bleibt abzuwarten, ob sich auch genügend ausländische Staaten zur effektiven Umsetzung der OECD-Mindestbesteuerung bekennen werden, denn ansonsten bliebe es ein Flickenteppich und könnte sogar zu Ungunsten der Schweiz ausgehen.
Erste Erfahrungen zeigen, dass die OECD-Mindestbesteuerungsregeln sowohl schweizerische Teile internationaler Unternehmensgruppen als auch mittelständische Unternehmen mit hohen Umsatzzahlen betreffen können.
Falls Sie Fragen bezüglich der Einführung oder Umsetzung der OECD-Mindestbesteuerung haben, unterstützen Sie die Steuerexperten der Bratschi AG gerne.