Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem wegweisenden Entscheid vom 12. November 2024 die Beschwerdelegitimation eines Unternehmens grundsätzlich bejaht, das sich gegen die Übernahme einer (angeblichen) Konkurrentin durch einen Staatsbetrieb (spezialgesetzliche Aktiengesellschaft des Bundes, Post AG) zur Wehr setzte. In diesem Fall konnte das Bundesverwaltungsgericht - zumindest dem Grundsatze nach - einen wichtigen Entscheid zur Stärkung des Rechtsschutzes gegenüber der privatwirtschaftlichen Tätigkeit des Staates fällen. Der Entscheid ist aber nicht rechtskräftig und beinhaltet lediglich eine Rückweisung an die Vorinstanz zur Klärung, ob tatsächlich ein Konkurrenzverhältnis vorliegt und sich die Tätigkeit der von der Post AG neu erworbenen Aktiengesellschaft negativ auf die Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführen auswirkt.
Die Post AG erwarb die Aktienmehrheit der KLARA Business AG und integrierte diese als Konzerngesellschaft in den Postkonzern (ePost Servies AG; Beschwerdegegnerin). Die Beschwerdegegnerin bietet insbesondere digitale Gesamtlösungen für kleine und mittlere Unternehmen z.B. im Bereich (Lohn-)Buchhaltung sowie Kunden- und Auftragsverwaltung an. Die beschwerdeführende Unternehmung, die Abacus Research AG (Beschwerdeführerin), entwickelt ERP-Software, d.h. Softwarelösungen, welche die Anwendungssoftware verschiedener Unternehmensbereiche miteinander verknüpfen (so unter anderem Finanzen, Personal, Administration etc.). Kunden der Beschwerdeführerin sind ebenfalls kleinere und mittlere Unternehmen.
Beschwerlicher Beschwerdeweg
Die Beschwerdeführerin hatte sich bereits im November 2021 gegen die Übernahme der KLARA Business AG durch die Post bei der Eidgenössischen Postkommission (PostCom) zu wehren versucht und eine Aufsichtsbeschwerde eingereicht. Die PostCom wiederum verwies darauf, dass ihre Zuständigkeit auf die Prüfung der Einhaltung des Quersubventionierungsverbots be-schränkt sei, ansonsten das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) zuständig sei. Nach einem entsprechenden Schriftenwechsel gelangte die Beschwerdeführerin im März 2021 mit einer weiteren Aufsichtsbeschwerde an das BAKOM. Die PostCom trat im Juni 2022 auf die Aufsichtsbeschwerde nicht ein und verneinte neben ihrer Zuständigkeit auch die Legitimation der Beschwerdeführerin. Ebenfalls im Juni 2022 nahm die PostCom in einem Schreiben zur Sache Stellung und verneinte auch eine Verletzung des Quersubventionierungsverbots. Die Beschwerdeführerin focht die Nichteintretensverfügung der PostCom am 18. August 2022 beim Bundesverwaltungsgericht an. Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, der wie erwähnt am 12. November 2024 erging, beinhaltet allerdings lediglich eine Rückweisung an die PostCom, damit diese prüft, ob sich die privatwirtschaftliche Tätigkeit der Beschwerdegegnerin aufgrund eines hinreichend direkten Konkurrenzverhältnisses auf die Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin auswirkt. Das Bundesverwaltungsgericht nahm keine eigenen Sachverhaltsabklärungen vor und lehnte es ab, in der Sache zu entscheiden. Die Rechtssicherheit darüber, ob im konkreten Fall die angefochtene Tätigkeit durch die Beschwerdeführerin zulässig ist, ist somit noch lange nicht hergestellt. Zudem ist auch die Rechtsmittelfrist für eine allfällige Beschwerde an das Bundesgericht noch am Laufen.
Grundsätzliche Bejahung der Legitimation zugunsten der Konkurrentin eines privatwirtschaftliche tätigen Staatsbetriebes
Der Post kommt gestützt auf das Postorganisationsgesetz im Bereich der Grundversorgung die Beförderung von Postsendungen, das Erbringen von Finanzdienstleistungen und der Personentransport zu. Die Schweizerische Post kann auch damit zusammenhängende Dienstleistungen anbieten und insofern in Konkurrenz zu Privaten treten (früher: Wettbewerbsdienste). Damit soll die Post die Eigenwirtschaftlichkeit der Grundversorgung sichern. Sie kann dazu unter anderem Unternehmen gründen und sich an Gesellschaften beteiligen.
Die Legitimation im Beschwerdeverfahren ist Voraussetzung dazu, um Parteistellung im Verfahren zu erlangen und Rechtsmittel gegen behördliche Anordnungen zu ergreifen. Konkurrentinnen sind nicht ohne weiteres zur Erhebung von Rechtsmitteln befugt, wenn sie behaupten eine andere Konkurrentin werde durch einen staatlichen Rechtsakt privilegiert. Erforderlich ist vielmehr eine schutzwürdige besondere Beziehungsnähe, die sich üblicherweise aus der einschlägigen gesetzlichen Ordnung ergibt. Im konkreten Fall trat aber die Beschwerdeführerin nicht gegen eine ungerechtfertigte Privilegierung einer anderen Konkurrentin auf, sondern machte geltend, die Beschwerdegegnerin als öffentliches Unternehmen trete in unzulässiger Weise selbst als Konkurrentin auf.
Grundsätzlich bietet die Wirtschaftsfreiheit nach Art. 27 BV keinen allgemeinen Schutz vor Konkurrenz. Allerding gebietet Art. 94 BV dem Staat, sich wettbewerbsneutral zu verhalten. Zum einen wird verlangt, dass sich unternehmerisches Handeln des Staates auf eine formell gesetzliche Grundlage abstützt, im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig ist, zum andern leitet die Rechtsprechung daraus aber auch ein Verbot der Quersubventionierung ab (was ebenso Eingang in die Postorganisations-Gesetzgebung gefunden hat, Art. 19 Postgesetz). Weil Art. 94 BV eine selbständig anfechtbare institutionelle Garantie beinhaltet, bejahte das Bundesverwaltungsgericht, dass die spezifische Beziehungsnähe auch durch den Grundsatz der Wettbewerbsneutralität begründet werden kann, insbesondere wenn ein Konkurrenzverhältnis infolge einer privatwirtschaftlichen Tätigkeit des Staates entsteht. Das Bundesverwaltungsgericht betonte, dass ansonsten keine Rechtsschutzmöglichkeit gegeben sei, zu prüfen, ob die Beschwerdegegnerin mit ihrer privatwirtschaftlichen Tätigkeit über das hinausgeht, was erlaubt ist (grundlegend Erw.4.4).
Es reicht allerdings nicht aus, wenn mit der Rüge, die Wettbewerbsneutralität sei verletzt worden, die Beziehungsnähe zur privatwirtschaftlichen Tätigkeit des Staates bzw. zur betreffenden staatlichen Unternehmung geschaffen wird. Vielmehr ist ebenso ein schutzwürdiges Interesse nachzuweisen. Dieses ist dann gegeben, wenn die streitbetroffene privatwirtschaftliche Tätigkeit zumindest geeignet ist, sich aufgrund eines hinreichend direkten Konkurrenzverhältnisses auf die Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin auszuwirken. Das Bundesverwaltungsgericht erachtete weitere Sachverhaltsfeststellungen als notwendig. Es stellte fest, dass es über keine entsprechenden Angaben verfüge und ihm das Fachwissen fehle, um eine erstinstanzliche Beurteilung vorzunehmen, weshalb es einen Rückweisungsentscheid fällte.
Sachliche Zuständigkeit der Aufsichtsbehörde: Kompetenzattraktion
In Erw. 5 setzte sich das Bundesverwaltungsgericht ebenso mit der Zuständigkeitsabgrenzung zwischen der PostCom und dem BAKOM auseinander, zumal es auch entscheiden musste, an welche Behörde die Rückweisung zu erfolgen hat. Es gelangte zum Schluss, dass die Aufsichtszuständigkeiten beider Behörden im Gesetz abschliessend aufgezählt sei und keiner der beiden Behörden zur Beaufsichtigung der Einhaltung der verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Schranken bei der privatwirtschaftlichen Tätigkeit der Post zuständig sei. Es sah darin eine Lücke und erklärte unter Beizug des Grundsatzes der Kompetenzattraktion die PostCom, die von Gesetzes wegen ohnehin die Einhaltung des Quersubventionierungsverbotes zu prüfen hat, als zuständig. Damit kann eine geteilte Zuständigkeit vermieden werden. Aus diesem Grund erfolgte die Rückweisung an die PostCom.