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Die EU-Entwaldungsverordnung (EU-VO 2023/1115) in a Nutshell

Wind Christian, in: bratschiLetter Compliance, April 2025

Das Ziel dieser Verordnung ist es, die Bereitstellung und den Export bestimmter Rohstoffe und Erzeugnisse zu regulieren, die mit Entwaldung und Waldschädigung in Verbindung stehen. Sie stellt einen wichtigen Schritt zur Bekämpfung des Klimawandels und des Biodiversitätsverlusts dar, indem sie die Verantwortung von Unternehmen für nachhaltige Lieferketten erhöht.

1. Einleitung 

 

Die EU-Entwaldungsverordnung (EU-VO 2023/1115, nachfolgend «EU-EVO») wurde am 31. Mai 2023 verabschiedet. 

Sie gilt bereits ab dem 30. Dezember 2024 (Art. 38 Abs. 2 EU-EVO) für die meisten Unternehmen und für Kleinstunternehmen und kleine Unternehmen ab dem 30. Juni 2025 (Art. 38 Abs. 3 EU-EVO), d.h. für Unternehmen die mindestens zwei der drei folgenden Grössenmerkmale nicht überschreiten: 

  • für Kleinstunternehmen: (1) Bilanzsumme: EUR 0.45 Mio.; (2) Nettoumsatzerlöse: EUR 0.9 Mio.; (3) Beschäftigte: 10 (Art. 3 Abs. 1 EU-RL 2013/34 [Bilanz-Richtlinie] angepasst durch Art. 1 EU-RL 2023/2775). 
  • Für kleine Unternehmen: (1) Bilanzsumme: EUR 5 Mio.; (2) Nettoumsatzerlöse: EUR 10 Mio.; (3) Beschäftigte: 50 (Art. 3 Abs. 2 EU-RL 2013/34 [Bilanz-Richtlinie] angepasst durch Art. 1 EU-RL 2023/2775). 

 

 

2. Anwendungsbereich der Verordnung 

 

Die Verordnung gilt gemäss Art. 1 EU-EVO für Unternehmen, die relevante Rohstoffe und Erzeugnisse auf dem EU-Markt in den Verkehr bringen, bereitstellen oder aus der EU exportieren. Sie betrifft insbesondere Erzeugnisse gemäss Anhang 1 EU-EVO, die relevante Rohstoffe wie:

  • Rinder
  • Kakao
  • Kaffee
  • Ölpalme
  • Soja
  • Kautschuk
  • Holz 

enthalten, mit diesen gefüttert wurden oder unter deren Verwendung hergestellt wurden.

Betroffen sind alle Marktteilnehmer und Händler, die diese Rohstoffe oder daraus hergestellte Erzeugnisse in der EU in Verkehr bringen oder aus der EU ausführen.

 

 

3. Wichtige Compliance-Anforderungen 

 

Marktteilnehmer und Händler müssen gemäss Art. 3 EU-EVO sicherstellen, dass ihre Produkte, d.h. relevanten Rohstoffe oder Erzeugnisse:

  • entwaldungsfrei sind, 
  • den gesetzlichen Anforderungen des Erzeugerlandes entsprechen und 
  • eine Sorgfaltserklärung vorliegt. 

Als Stichtag und Referenzpunkt für die Beurteilung, ob eine Entwaldung vorliegt oder nicht, wurde der 31. Dezember 2020 festgelegt (Erwägungsgrund 46 EU-EVO). 

 

Die wichtigsten Compliance-Aufgaben, wobei zwischen Verpflichtungen der Marktteilnehmer (Art. 4 EU-EVO) und Händler (Art. 5 EU-EVO) unterschieden wird, umfassen:

  • Sorgfaltspflichtverfahren (Due Diligence): Unternehmen müssen detaillierte Informationen zu ihrer Lieferkette erfassen und dokumentieren, einschliesslich Geolokalisierungsdaten der Anbauflächen. Dies umfasst die genaue Identifikation der landwirtschaftlichen Betriebe, von denen die Rohstoffe stammen, sowie eine kontinuierliche Überwachung der Lieferkette durch digitale Systeme und Audits. Unternehmen sollten dazu auf externe Zertifizierungen und staatliche Register zurückgreifen, um ihre Dokumentationspflicht zu erleichtern (Art. 8 und 9 und Erwägungsgrund 49 EU-EVO).
  • Risikobewertung und -minderung: Unternehmen sind verpflichtet, eine Risikoanalyse ihrer gesamten Lieferkette durchzuführen. Dazu gehören Bewertungen zu Umweltrisiken, rechtlichen Risiken und sozialen Risiken, insbesondere im Hinblick auf Menschenrechte und indigene Gemeinschaften. Identifizierte Risiken müssen durch gezielte Massnahmen minimiert werden, beispielsweise durch den Wechsel zu zertifizierten Lieferanten oder durch verstärkte Audits und Schulungen entlang der Lieferkette (Art. 10 und 11 EU-EVO).
  • Sorgfaltserklärung: Bevor Produkte in Verkehr gebracht oder exportiert werden, muss eine Sorgfaltserklärung abgegeben werden. Diese Erklärung bestätigt, dass alle erforderlichen Prüfungen durchgeführt wurden und das Produkt den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Die Erklärung wird in einem zentralen Informationssystem der EU hinterlegt und ist für die Behörden einsehbar. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Lieferanten vollständige und wahrheitsgemässe Informationen bereitstellen (Art. 4 Abs. 2 und Erwägungsgründe 48 und 51 EU-EVO).
  • Regelmässige Kontrollen: Die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten sind verpflichtet, in ihren Gebieten stichprobenartige Kontrollen durchzuführen. Unternehmen sollten daher regelmässige interne Audits durchführen, um jederzeit auf behördliche Inspektionen vorbereitet zu sein (Art. 16 EU-EVO).
  • Strafen bei Verstoss: Bei Verstössen gegen die Verordnung drohen empfindliche Strafen. Diese reichen von hohen Geldbussen über den Entzug von Marktzugangsrechten bis hin zur Beschlagnahme nicht konformer Produkte und öffentlicher Publikation rechtskräftiger Urteile unter Namensnennung des Unternehmens, Zusammenfassung des Sachverhaltes und Art der Sanktionen (bei Bussen deren Höhe). Wiederholte Verstösse können zu einem Handelsverbot innerhalb der EU führen. Unternehmen sollten daher Compliance-Programme etablieren, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden und ihre Geschäftstätigkeit langfristig abzusichern (Art. 23 und 25 EU-EVO).

 

 

4. Die 10 wichtigsten Dos and Don'ts

 

 

 

5. Fazit 

 

Die EU-Entwaldungsverordnung stellt hohe Anforderungen an Unternehmen, um die globale Entwaldung und Waldschädigung zu reduzieren. Sie fordert eine umfassende Sorgfaltspflicht, die transparente Lieferketten und die Nutzung digitaler Nachweissysteme erfordert. Unternehmen, die ihre Compliance-Prozesse entsprechend anpassen, minimieren Risiken und tragen zur nachhaltigen Nutzung von Ressourcen bei.

bratschiLETTER

Auteurs

Wind Christian
Christian Wind
Avocat, Associé
Co-Head Compliance et investigations, Concurrence et médias
Zurich
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