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Neue Regulierung von Verpackungen und Verpackungsabfällen in der EU und deren Auswirkungen auf Schweizer Unternehmen

Rüedi Pascal und Trachsel Benjamin, in: bratschiLETTER Compliance April 2024

Die EU überarbeitet die Richtlinie zu Verpackungen und Verpackungsabfällen von 1994 (94/62/EG) und hat am 15. März 2024 den vorläufigen Text für eine neue Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle veröffentlicht. Damit will die EU die Kreislaufwirtschaft in Gang bringen und dem Anstieg von Verpackungsabfällen Herr werden.

1. Ungenügende geltende Rechtsgrundlagen in der EU

 

Aktuell sind Verpackungen und Verpackungsabfälle in der Richtlinie 94/62/EC geregelt. Diese zielt darauf ab, die einzelstaatlichen Massnahmen zu harmonisieren und die Umwelt zu schützen. Dabei müssen die Mitgliedsstaaten sicherstellen, dass Verpackungen, welche in der EU in Verkehr gebracht werden, gewisse Anforderungen bei der Herstellung, Kennzeichnung, Wiederverwertbarkeit und Verwertbarkeit erfüllen. 

 

Die Europäische Kommission hat jedoch im Jahr 2022 drei Problembereiche der geltenden Richtlinie 94/62/EC identifiziert: stetig ansteigende Menge von anfallenden Verpackungsabfällen, Hindernisse bei der Kreislauffähigkeit von Verpackungen und die geringe Verwendung von Rezyklat Anteilen in Verpackungen. Sie führt diese Probleme primär auf Mängel in der geltenden Richtlinie und mangelhafte Umsetzung und Durchsetzung in den Mitgliedsstaaten zurück, welche durch ein Versagen des Binnenmarktes in diesem Zusammenhang noch verschärft werden. 

 

2. Kernelemente der neuen Verpackungsregulierung in der EU

 

Im März 2024 haben sich die relevanten politischen Institutionen der EU nach Verhandlungen grundsätzlich politisch auf einen Vorschlag für eine EU-Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle («PPWR») geeinigt. Anders als die bestehende Richtlinie 94/62/EC soll die neue Regelung in Form einer verbindlichen EU-Verordnung erfolgen, welche in den Mitgliedsstaaten direkt anwendbar sein soll. Damit sollen einheitliche Regelungen in der ganzen EU sichergestellt und die uneinheitliche und ungenügende Umsetzung in den einzelnen Jurisdiktionen verhindert werden. Die PPWR wird Teil des Europäischen «Green Deals» sein. 

 

Im Kern sieht die neue Verordnung (i) verbindliche Ziele, um die Menge der entstehenden Verpackungsabfälle zu reduzieren, und (ii) bestimmte Anforderungen an ein recycling-freundliches Design von Verpackungen vor, sowie die Verwendung von rezyklierten Materialien. Insbesondere sollen künftig sämtliche Verpackungen wiederverwertbar sein. Konkretisierende Vorgaben in diesem Zusammenhang liegen aber noch nicht vor und werden erst per 1. Januar 2028 in Kraft treten.

 

Ab dem Jahr 2030 solle die Verpackungen, welche auf den EU-Binnenmarkt gelangen, so ausgestaltet sein, dass sie rezykliert werden können. Weiter werden Plastikverpackungen (abgesehen von gewissen Ausnahmen) einen Mindestanteil von 35% an rezyklierten Materialien aufweisen müssen. Bei Einweg-Getränkeflaschen aus Plastik soll der Mindestanteil im Sinne einer Ausnahme 30% betragen. Ab 2040 werden diese Mindestanteile auf 65% erhöht. Auch soll künftig jegliches Verpackungsmaterial, was dessen Gewicht und Volumen angeht, auf ein Minimum reduziert werden. Ab dem 1. Januar 2030 werden folglich gewisse Verpackungsformen nicht mehr zulässig sein, z.B. Einweg-Plastikverpackungen für unverarbeitetes frisches Obst und Gemüse.

 

Es wird erwartet, dass das EU-Parlament noch Ende April 2024 den Text der neuen Verordnung verabschieden wird. Anschliessend soll die PPWR in Kraft treten und 18 Monate nach dem Inkrafttreten anwendbar werden. 

 

3. Auswirkungen auf die Schweizer Verpackungsunternehmen

 

Die PPWR wird auf sämtliche Verpackungsmaterialien Anwendung finden, die in der Europäischen Union im Rahmen von gewerblichen Aktivitäten zum Vertrieb, Verbrauch oder anderweitigen Gebrauch auf den Europäischen Markt gebracht werden. Inverkehrbringen heisst dabei erstmaliges Zugänglichmachen auf dem Europäischen Markt. Die PPWR sieht explizit vor, dass Verpackungen aus Drittstaaten, welche auf den Europäischen Markt gebracht werden, die Standards der PPWR ebenfalls einhalten müssen.

 

4. Regulierung in der Schweiz

 

Anders als in der EU und deren Mitgliedsstaaten gibt es in der Schweiz keine spezielle Regulierung von Verpackungen auf Gesetzesstufe und zurzeit ist auch keine adäquate Regulierung geplant. Zwar bestehen gewisse Vorschriften zu Verpackungen und Abfällen im Umweltschutzgesetz (SR 814.01), in der Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung (SR 814.81), sowie in der Verordnung über Getränkeverpackungen (VGV, SR 814.621) und im Zusammenhang mit dem Recycling ist die vorgezogene Entsorgungsgebühr für Getränkeverpackungen aus Glas gesetzlich geregelt (Art. 9 ff. VGV), jedoch sind diese Vorschriften kaum mit der PPWR vergleichbar. Daneben existieren für das Recycling von PET-Getränkeflaschen, Aluminiumdosen sowie Weissblechbüchsen privatwirtschaftliche Initiativen zur Verwertung.

 

5. Handlungsempfehlungen für Schweizer Unternehmen

 

Die neuen, weitgehenden Anforderungen der EU an Verpackungen und damit auch an die Verpackung herstellenden Unternehmen sowie deren Zulieferer wird in grossem Masse auch Schweizer Unternehmen betreffen. Zwar wird die PPWR nicht direkt in der Schweiz anwendbar sein, jedoch werden in die EU exportierende Unternehmen die Vorschriften der PPWR einhalten müssen. Nachdem die PPWR nach wie vor in gewissen Kreisen stark kritisiert wird, so beispielsweise von der Plastik Verpackungsindustrie in Deutschland, gilt es, die weiteren Entwicklungen eng zu verfolgen und frühzeitig die eigenen, in den EU-Markt exportierten Produkte bzw. deren Verpackungen auf die Compliance mit der kommenden PPWR zu überprüfen und gegebenenfalls rechtzeitig an die Anforderungen der PPWR anzupassen.

bratschiLETTER

Auteurs

Rueedi Pascal
Pascal Rüedi
Avocat, Associé
Co-Head Compliance et investigations
Berne
Au profil
Trachsel Benjamin
Benjamin Trachsel
Avocat
Berne
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