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Die neuen Kompetenzen des EDÖB – ein Überblick

Bundi Livio, in: bratschiLETTER Öff.-Recht September 2023

Das neue Datenschutzgesetz (DSG) auferlegt dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) zum einen neue Aufgaben. Zum anderen bringt es vor allem eine Stärkung der Aufsichtskompetenzen des EDÖB mit sich. Neu kann der EDÖB verfügen, womit die auf das DSG gestützten Rechtsverhältnisse verbindlich geregelt werden können und die Rechtsschutzmöglichkeit eröffnet wird.

Mit Inkrafttreten des neuen DSG erhält der EDÖB neue Aufgaben. Er hat unter Umständen etwa eine Stellungnahme zur Datenschutz-Folgenabschätzung der Verantwortlichen (vgl. zu diesem Begriff Art. 5 lit. j DSG) abzugeben (Art. 23 DSG) oder zu Verhaltenkodizes von Berufs-, Branchen- und Wirtschaftsverbänden Stellungnahmen zu verfassen und zu veröffentlichen (Art. 11 DSG).

 

1. Stärkung der Aufsichtskompetenz des EDÖB

Als besonders massgebend erweist sich jedoch die deutliche Stärkung der Aufsichtskompetenzen des EDÖB, welche das neue DSG mit sich bringt. Während es unter dem bisherigen Recht dem EDÖB lediglich möglich war, Abklärungen vorzunehmen, Empfehlungen auszusprechen und bei Nichtbefolgung oder Ablehnung seiner Empfehlungen den Sachverhalt der zuständigen Instanz zum Entscheid vorzulegen, kann er neu individuell-konkrete Hoheitsakte erlassen und damit ein Rechtsverhältnis in verbindlicher und erzwingbarer Weise regeln. Er kann in diesem Zusam­menhang Verfahren nach den Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVG; SR 172.021) durchführen. Dieser Ausbau der EDÖB-Kompetenzen ist insbesondere zurück­zuführen auf die für die Schweiz verbindliche Richtlinie (EU) 2016/680 sowie die Absicht der Sicherstellung der Äquivalenz zur DSGVO, welche ihrerseits für die Schweiz indes nicht verbindlich ist.

 

2. Die Verwaltungsmassnahmen

In Art. 51 DSG werden die einzelnen Verwaltungsmassnahmen bzw. Massnahmen, die in der Form von Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwVG erlassen werden, aufgelistet. Die Auflistung ist dabei nicht abschliessend (vgl. Abs. 3: «namentlich»). Die Anordnung von Verwaltungsmassnah­men liegt im Entschliessungsermessen des EDÖB, was bedeutet, dass er nicht von Gesetzes wegen dazu verpflichtet ist, Verwaltungsmassnahmen zu ergreifen. Er hat im Sinne eines verhältnismässigen und effizienten Vorgehens denn auch zunächst mildere Massnahmen zu erwägen, wozu etwa die Beratung der Verantwortlichen, wie das Fehlverhalten behoben werden könnte, zählt, bevor er eine Verfügung erlässt.

Voraussetzung für die Anordnung von Verwaltungsmassnahmen ist einerseits die Verletzung von (materiellen) Datenschutzvorschriften (vgl. Abs. 1, 2 und 5), sodann kann der EDÖB anderer­seits in Fällen verfügen, in denen der Verantwortliche Ordnungsvorschriften oder Pflichten gegen­über der betroffenen Person (vgl. hierzu Art. 5 lit. b DSG) nicht beachtet. Im Einzelnen kann der EDÖB gegenüber Bundesorganen oder privaten Verantwortlichen verfügen, eine Datenbearbei­tung ganz oder teilweise anzupassen, zu unterbrechen oder gar einzustellen sowie Personendaten löschen oder vernichten zu lassen (Abs. 1). Ebenso kann er verlangen, dass die Ausgestaltung der Datenbearbeitung in technischer oder organisatorischer Hinsicht verbessert wird (vgl. Abs. 3 Bst. b). Bezeichnen private Verantwortliche mit Sitz oder Wohnsitz im Ausland entgegen Art. 14 Abs. 1 DSG keine Vertretung in der Schweiz, kann der EDÖB die Bezeichnung einer solchen anordnen (Abs. 4). Der EDÖB kann sich sodann auf die mildeste Verwaltungsmass­nahme, das Aussprechen einer Verwarnung, beschränken, wenn das Bundesorgan oder die private Person während der Untersuchung die erforderlichen Massnahmen getroffen hat, um die Einhaltung der Datenschutzvorschriften wiederherzustellen (Abs. 5). Solche Verwarnungen haben Verfügungscharakter, zumal sie den Vorwurf rechtswidrigen Verhaltens beinhalten und eine Massregelung darstellen.

 

3. Durchsetzung

Die Durchsetzung der Verfügungen durch den EDÖB erfolgt grundsätzlich mit den allgemeinen Zwangsmitteln gemäss Art. 41 VwVG, wobei er die Befolgung der Verfügung in der Regel mittelbar mit Hinweis auf die Strafdrohung in Art. 63 DSG erzwingen dürfte.

Gegen Verfügungen des EDÖB kann Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht eingereicht werden.

 

4. Fazit

Insgesamt ist die Stärkung der Kompetenzen des EDÖB zwar zu begrüssen, da damit die Rechtsschutzmöglichkeit bei Bedarf eröffnet ist. Es ist indes zu hoffen, dass der EDÖB im Sinne des Verhältnismässigkeitsprinzips von seiner Verfügungskompetenz lediglich mit der gebotenen Zurückhaltung Gebrauch macht und den Normadressaten des DSG in erster Linie beratend zur Seite steht.

Autoren

Bundi Livio
Livio Bundi
Rechtsanwalt, Partner
Leitung Öffentlicher Sektor
Zürich
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