Die Stromversorgung im Inland ist in den letzten Jahren mit Schlagwörtern wie «Strommangellage» oder «Strom-Blackout» auch in der breiten Bevölkerung in den Fokus gerückt. Insbesondere steht die lange Zeit zwischen Projektbeginn und Realisierung im Zentrum. Obwohl das Schweizer Stimmvolk im Juni 2024 das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien angenommen hat, hat der Bund bereits eine weitere Vorlage verabschiedet. Ziel des sog. Beschleunigungserlasses ist es, die Verfahrensdauer für grosse Anlagen für die Erzeugung von erneuerbarer Energie zu senken.
Am 9. Juni 2024 hat das Schweizer Stimmvolk mit 68.7 Prozent Ja-Stimmen das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien angenommen. Das Bundesgesetz soll dabei die Grundlage für die Produktion von Strom aus erneuerbaren Quellen, wie bspw. Sonne, Wind, Wasser oder Biomasse im Inland sein.
Bisweilen können beim Bau von grossen Anlagen für die Erzeugung von erneuerbarer Energie zwischen Projektbeginn und Realisierung gut 20 Jahre verstreichen. Dies ist hauptsächlich den heute geltenden Planungs-, Bewilligungs- und Rechtsmittelverfahren geschuldet, welche sich über Jahre hinziehen können. Entsprechend hat der Bundesrat am 21. Juni 2023 zuhanden des Parlaments den sogenannten Beschleunigungserlass verabschiedet, welcher im aktuellen Zeitpunkt in der parlamentarischen Beratung ist. Konkret möchte der Bund mit dem Beschleunigungserlass die Verfahren für die Planung und den Bau grosser Kraftwerke für erneuerbare Energie mit den folgenden Massnahmen beschleunigen:
Konzentriertes Plangenehmigungsverfahren: Neu sollen sämtliche kantonalen und kommunalen Bewilligungen, welche für den Bau, die Erweiterung oder die Erneuerung von grossen Solar- und Windenergieanlagen notwendig sind, gesamthaft erteilt werden. Diese Verfahren sind innert 180 Tagen abzuschliessen. Somit soll verhindert werden, dass jeder Entscheid einzeln angefochten werden kann.
Festlegung von Eignungsgebieten für Solar- und Windenergieanlagen im kantonalen Richtplan: Neu soll, sofern im Richtplan Eignungsgebiete für Solar- und Windenergieanalgen bezeichnet werden, bei Anlagen von nationalen Interessen in einem solchen Eignungsgebiet keine projektbezogene Festlegung im kantonalen Richtplan mehr nötig sein. Dies bewirkt eine Beschleunigung des Planungsverfahrens.
Verkürzung des Rechtsmittelwegs: Für den konzentrierten Entscheid soll es künftig nur noch eine kantonale Rechtsmittelinstanz geben, welche innert 180 Tagen zu entscheiden hat, so wie der Weiterzug ans Bundesgericht. Weiter wird die Beschwerdeberechtigung auf die Standortkantone und -gemeinden sowie die gesamtschweizerisch tätigen Organisationen beschränkt.
Straffung des Planungsprozesses für den Ausbau des Stromnetzes: Neu soll für Hochspannungsleitungen nicht mehr vorgängig ein Planungsgebiet festgelegt werden, sondern direkt ein Planungskorridor festgelegt werden können.
Die Umsetzung des Beschleunigungserlasses würde grösstenteils bei den Kantonen liegen. Sie müssten die Organisations- und Verfahrensrechte an die neuen Vorgaben anpassen.
Solar- und Wasserexpress
Unabhängig von den Bestrebungen des Bundesrates, den Bau, die Erweiterung und Erneuerung von Anlagen in Zukunft mit der Umsetzung des Beschleunigungserlasses zu beschleunigen, wurden vom Parlament bereits vorübergehende Massnahmen ergriffen. Im Herbst 2022 hat das Parlament die sog. Solaroffensive (Solarexpress) befristet bis Ende 2025 in Kraft gesetzt. Der Solarexpress bezweckt die Erleichterung der Bewilligung von Photovoltaik-Grossanlagen und fördert den Bau mit einer Einmalvergütung von bis zu 60 Prozent der Investitionskosten. Die notwendigen Verordnungsänderungen traten per 1. April 2023 in Kraft.
Weiter hat das Parlament im Sommer 2023 ein Bundesgesetz zur Beschleunigung der Bewilligungsverfahren für Windenergieanlagen verabschiedet. Bei Windkraftenergieanlagen, welche bereits über einen rechtskräftigen Nutzungsplan verfügen, wird die Baubewilligung vom Kanton erteilt und die kantonalen Rechtsmittelinstanz auf eine Instanz beschränkt. Zudem ist die Beschwerde ans Bundesgericht nur eingeschränkt möglich, nämlich nur bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung. Die notwendigen Verordnungsanpassungen traten per 1. Februar 2024 in Kraft.
Was steht weiter an?
Bereits Ende Juni 2024 hat der Bundesrat die Vernehmlassung zu einer Revision des Elektrizitätsgesetzes eröffnet. Ziel dieser Revision ist es, dass nun auch der Aus- und Umbau des Stromnetzes weiter beschleunigt wird. Damit sollen weitere Schwachstellen im Bereich der Versorgungssicherheit geschlossen resp. vermieden werden. Bereits im Jahr 2019 wurden mit dem Bundesgesetz über den Um- und Ausbau der Stromnetze die Rahmenbedingungen für einen beschleunigten und zeitnahen Ausbau des Stromnetzes der Schweiz geschaffen. Die Revision soll insb. die oftmals langwierigen Bewilligungsverfahren beschleunigen.
Das Verfahren soll grundsätzlich mit drei Massnahmen beschleunigt werden: (1) Leitungen sollen nur dann verkabelt werden, wenn bspw. der Schutz vor nichtionisierender Strahlung oder der Schutz von Objekten nationaler Bedeutung in Bezug auf Natur- oder Heimatschutz dies erfordert (der sog. Freileitungsgrundsatz); (2) Beim Ersatz von besehenden Leitungen soll dies künftig ohne Sachplanverfahren erfolgen; (3) Zukünftig sollen die Interessen an der Realisierung von neuen Anlagen am Übertragungsnetz anderen nationalen Interessen vorgehen sowie müssen die Entscheide der Eidgenössischen Gerichte innert 180 Tage nach Abschluss des Schriftenwechsels ergehen.
Abschliessend ist anzumerken, dass auch weitere Beschleunigungen der Verfahren auf Verordnungsstufe, wie bspw. die Optimierung des Sachplanverfahrens, geprüft werden. Somit kann gesagt werden, dass in Bezug auf die Beschleunigung von Verfahren bzgl. Stromversorgung etwas im Gange ist.