Dem Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) kommt neu die Befugnis zu, zur Durchsetzung des Datenschutzgesetzes (DSG) Verfügungen zu erlassen und darin verwaltungsrechtliche Massnahmen anzuordnen. Dazu muss er den Sachverhalt abklären, was nicht ohne Mitwirkung der Dateninhaber, d.h. der betreffenden Bundesorgane und privaten Personen, vor allem Unternehmen, geht. Das Gesetz sieht erhebliche Mitwirkungspflichten der Bundesorgane und privaten Personen vor, die er zwangsweise durchsetzen und deren Verweigerung sogar mit Busse bestraft werden kann.
1. Die Untersuchung
Weil dem EDÖB die Kompetenz zusteht, im Anwendungsbereich des DSG Untersuchungen durchzuführen und hoheitlich Verfügungen zu erlassen sowie Verwaltungsmassnahmen anzuordnen (Art. 53 DSG; siehe dazu auch Beitrag Livio Bundi, Die neuen Kompetenzen des EDÖB - ein Überblick, bratschiLETTER Öff.-Recht September 2023), sieht das neue DSG zahlreiche Mitwirkungspflichten der Untersuchungsbetroffenen vor, die weiter gehen als diejenigen im allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht.
Der EDÖB kann von Amtes wegen oder auf Anzeige hin eine Untersuchung gegen ein Bundesorgan oder eine private Person, die im Regelfall eine juristische Person, somit meistens eine AG oder eine GmbH oder allenfalls ein Verein ist, eröffnen, wenn genügend Anzeichen bestehen, dass eine Datenbearbeitung gegen die Datenschutzvorschriften verstossen könnte. Der EDÖB ist verpflichtet, die Untersuchung einzuleiten und darf davon nur absehen, wenn die potentielle Datenschutzverletzung von geringfügiger Bedeutung ist, also wenn diese zu keiner schweren Verletzung der Persönlichkeit geführt hat (Art. 49 Abs. 1 und 2 DSG).
Wurde die Untersuchung auf Anzeige Dritter hin eröffnet, informiert der EDÖB diese über die unternommenen Schritte und das Ergebnis einer allfälligen Untersuchung (Art. 49 Abs. 4 DSG).
2. Auskunftspflicht
Wird eine Untersuchung eröffnet, sieht das DSG eine sehr weitereichend Auskunfts- und Herausgabepflicht der untersuchungsbetroffenen Bundesorgane oder privaten Personen vor. Diese müssen dem EDÖB alle Auskünfte und Unterlagen zur Verfügung stellen, die für die Untersuchung notwendig sind. Die Auskunft darf nur verweigert werden, wenn zu Recht ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht. Ansonsten müssen Auskünfte auch erteilt werden, wenn sie zum Nachteil der Untersuchungsbetroffenen sind. Dabei stellt sich die heikle Frage, ob sich die im Unternehmen oder die bei den Bundesorganen verantwortliche Person auf das Zeugnisverweigerungsrecht berufen darf, um sich allenfalls für ein nachfolgendes Strafverfahren nicht selbst belasten zu müssen (Selbstbelastungsverbot).
Die Strafsanktionen, die nicht vom EDÖB, sondern nur von den kantonalen Strafbehörden ausgesprochen werden können, richten sich einzig gegen natürliche Personen und nicht gegen die juristischen Personen. Aus diesem Grund kommt das Selbstbelastungsverbot insofern auch nicht zum Tragen und kann sich das Unternehmen auch nicht darauf berufen. Besteht jedoch die Gefahr, dass gegen die im Unternehmen verantwortlichen natürlichen Personen ein Strafverfahren eröffnet werden könnte, stünde ihnen das Zeugnisverweigerungsrecht gestützt auf das Selbstbelastungsverbot grundsätzlich zu. Allerdings ist die bundesgerichtliche Praxis wie auch die Praxis des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bei der Anwendung des Selbstbelastungsverbotes bereits im Verwaltungsverfahren sehr zurückhaltend (BGE 144 I 242 E. 1.2). Im vorliegenden Fall dürfte das Zeugnisverweigerungsrecht gestützt auf das Selbstbelastungsverbot im Ergebnis kaum geltend gemacht werden können und dürfte das Interesse an der richtigen und vollständigen Sachverhaltsabklärung durch den EDÖB Vorrang haben. Die anderen Zeugnisverweigerungsgründe, etwa um Angehörige z.B vor einer strafrechtlichen Verfolgung zu schützen, bleiben jedoch bestehen. Ebenso können die Berufsgeheimnisse und insbesondere das Anwaltsgeheimnis der Auskunftspflicht entgegengehalten werden.
3. Zwangsweise Durchsetzung der Mitwirkungspflichten
Der EDÖB ist dann, wenn die Auskunft (zu Unrecht) verweigert wird, berechtigt, die Auskunfts- und Editionspflicht mittels (Zwischen-)Verfügung zwangsweise durchzusetzen. Insbesondere kann er den Zugang zu allen Auskünften, Unterlagen, Verzeichnissen der Bearbeitungstätigkeit und Personendaten verfügen, wenn dies für die Untersuchung notwendig ist. Er kann den Zugang zu den Räumlichkeiten und Anlagen sowie Zeugeneinvernahmen anordnen. Schliesslich kann er auch eine Begutachtung durch Sachverständige durchführen. Berufsgeheimnisse bleiben allerdings auch hier vorbehalten.
Eine Beschlagnahmung kann der EDÖB nicht anordnen. Insbesondere können elektronische Geräte im Rahmen der datenschutzrechtlichen Untersuchung nicht mitgenommen werden, sondern eine allfällige Untersuchungen derselben muss der EDÖB vor Ort durchführen. Für eine Beschlagnahmung bräuchte es eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage.
Der EDÖB hat zur Vollstreckung seiner Zwischenverfügungen, die kantonalen oder kommunalen Polizeiorgane beizuziehen. Dies dürfte dann notwendig sein, wenn es um den Zugang zu Auskünften, Unterlagen und Räumlichkeiten geht. Zur Einvernahme von Zeugen kann er zudem Dritte beauftragen.
4. Fazit
Die Tragweite der Mitwirkungspflichten in einer Untersuchung durch den EDÖB ist gestützt auf die Bestimmungen im neuen DSG noch nicht bis ins Letzte absehbar. Es können sich dabei schwierige Abgrenzungsfragen stellen, so dass sich der Beizug einer Rechtsbeiständin oder eines Rechtsbeistandes aufdrängen kann.